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Cinefest 2011
VIII. Internationales Festival des deutschen Film-Erbes
Hamburg: 12.-20.11.2011

eine Veranstaltung von CineGraph und Bundesarchiv-Filmarchiv

Europas Prärien und Cañons
Western zwischen Sibirien und Atlantik


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Lucky Luke (FR 2009, James Huth)
Quelle:TF1 International


Unter dem Motto Europas Prärien und Cañons beschäftigt sich cinefest – das VIII. Internationale Festival des deutschen Film-Erbes – mit dem »Euro-Western«. Wie setzten sich europäische Regisseure von den Anfängen der Kinematografie bis zur Gegenwart mit dem amerikanischsten aller Genres auseinander? Über 30 Filme aus den Jahren 1912–2009 entfalten ein breites Spektrum an Western-Variationen zwischen Nachahmung und Neuinterpretation.

Schon im Stummfilm steigen europäische Darsteller in den Sattel: Joe Hamman kämpft in der wilden Landschaft der Camargue um die Liebe einer Indianerin (Coeur Ardent, 1912), während in Harry Piels »Sensations-Drama« Erblich belastet? (1913) der zu Unrecht des Diebstahls beschuldigte Ziehsohn eines US-Millionärs seinen betrügerischen Widersacher im Wilden Westen stellt. Im sozialkritischen »Neckar-Western« Feuerteufel (1920 wegen »entsittlichender Wirkung« verboten) lässt der spätere Arbeiterfilmer Piel Jutzi »Texas-Jack« den Kopf einer Verbrecherbande jagen. Die Ausstrahlung des Genres bis in die Sowjetunion dokumentiert Lev Kulešovs existentielles Goldsucherdrama Po Zakonu (1926).

Dem Liebäugeln des NS-Films mit den erprobten Mustern des amerikanischen Genrekinos zu verdanken sind die dramatische Auswanderersaga Der Kaiser von Kalifornien (1935/36) mit Luis Trenker als heroischer Führerfigur und Paul Verhoevens raffinierte Westernkomödie Gold in New Frisco (1939) mit Hans Söhnker als geheimnisvollem Fremden, der in einem kanadischen Städtchen einen Goldrausch auslöst.

Mitte der 1960er Jahre beginnt im geteilten Deutschland die systemübergreifende Blütezeit des »Teutonen-Western«. Während Pierre Brice und Lex Barker in westdeutschen Karl May-Verfilmungen wie Der Schatz im Silbersee (1962) die rot-weiße Völkerverständigung beschwören, bekämpft »Chefindianer« Gojko Mitić in DEFA-Indianerfilmen wie Tecumseh (1971/72) mit den bösen Bleichgesichtern zugleich die Auswüchse des US-Imperialismus. Ganz als »klassischer« Western inszeniert ist die europäische Co-Produktion Die schwarzen Adler von Santa Fe (1964/65) über einen skrupellosen Rancher (Werner Peters), der Indianer und Weiße aufeinanderhetzt, aber von Brad Harris und Horst Frank zur Strecke gebracht wird. Der DEFA-Jugendfilm Blauvogel (1978/79) um einen weißen Jungen, der von Irokesen entführt wird und bei ihnen aufwächst, ist dagegen eine um ethnologische Authentizität bemühte Reflexion über das Zerrissensein zwischen zwei Lebenswelten.

Gleichzeitig erobert mit dem »Italo-Western« ein nihilistischer Gegenentwurf zu den US-Vorbildern die Kinos, der das Genre radikal dekonstruiert und neu definiert. Sergio Leones Klassiker Per qualche dollaro in più (1965) verfolgt Clint Eastwood und Lee van Cleef als Kopfgeldjäger bei der erbarmungslosen Jagd auf Gian Maria Volonté, im zynischen »Schneewestern« Il grande silenzio (1968) steht Klaus Kinski als Inkarnation des Bösen dem stummen Rächer der Unterdrückten (Jean-Louis Trintignant) gegenüber und Enzo Castellari hetzt Franco Nero als heroischen Einzelkämpfer durch den apokalyptischen Endzeitwestern Keoma (1976).

Anfang der 1970er Jahre entdeckt auch der Neue Deutsche Film den Western als Vorbild und Inspirationsquelle. Roland Klick dreht mit Deadlock (1970) einen stilisierten Gangster-Western als Endspiel in der Wüste mit psychedelischem Soundtrack von Can, während Volker Vogelers Anti-Heimatfilm Jaider – der einsame Jäger (1970/71) einen bayerischen Wilderer in der Zeit nach dem deutsch-französischen Krieg als »Alpen-Django« gegen die Büttel des Landesherrn antreten lässt (Zu Gast: Arthur Brauss). Als »Western-Autorenfilm« für die ganze Familie präsentiert sich das einfühlsame Freiluft-Kammerspiel Tschetan, der Indianerjunge (1972/73) über die schwierige Annäherung zwischen einem weißen Schäfer (Marquard Bohm) und einem Indianerjungen im Montana der 1880er Jahre (Zu Gast: Regisseur Hark Bohm). Peter Schamonis Potato Fritz (1975/76) ist ein Comedy-Western mit Krimi-Touch um einen gestrandeten Siedlertreck, zwielichtige Ganoven, einen geheimnisvollen Fremden und Hardy Krüger als kartoffelpflanzendem Anti-Westerheld (Zu Gast: Arthur Brauss).

Dass man sich auch in den Ländern des Ostblocks bei den Genremustern des ideologischen Gegners bediente, beweisen »Red Western« aus Ungarn, Rumänien, der Sowjetunion und der ČSSR. Die patriotische Action-Komödie Weiße Sonne der Wüste (1969) zeigt einen aufrechten Rotarmisten auf dem Rückweg aus dem sowjetischen Bürgerkrieg im Kampf gegen Banditen in der kaspischen Wüste, die elegische Western-Ballade Der Wind pfeift unter den Füßen (1976) schildert das Schicksal eines legendären Banditen in der ungarischen Puszta der 1830er Jahre und die skurrile Auswandererkomödie Wir werden das Kind schon schaukeln (1980/81) erzählt von den Abenteuern dreier Brüder aus Transsilvanien im Wilden Westen.
Von einem spielerisch-kreativen Umgang mit den Konventionen des Genres zeugen das parodistische Western-Musical Limonádový Joe aneb Koňská opera (1964) und die humoristische Dekonstruktion der Wildwest-Mythen in Alla Surikovas überdrehter Komödie Der Mann vom Kapuziner-Boulevard (1987). Ideologiekritik am US-Imperialismus mit Elementen des Western betreibt Marco Ferreri in seiner surrealistischen Politsatire Touche pas à la femme blanche (1973) mit Michel Piccoli, Marcello Mastroianni, Philippe Noiret und Catherine Deneuve.

Dass der Western seit langem ein selbstverständlicher Bestandteil der europäischen Populärkultur und für viele Fans auch zentraler Bestandteil ihrer Lebenswelt ist, schlägt sich mitunter auch filmisch nieder. Realität und Fiktion verschwimmen, wenn begeisterte Liebhaber des Wilden Westens ihre Leidenschaft in Amateurfilmen dokumentieren (Soukromé století: Sejdeme se v Denveru, 2006/07. Zu Gast: Regisseur Jan Šikl) oder in jahrelanger Arbeit einen abendfüllenden Western in der Schweiz inszenieren (The Wolfer, 1975-79. Zu Gast: Regisseur Angy Burri). Eine Hommage an den populärsten europäischen »Westernhelden« ist die französische Comic-Verfilmung Lucky Luke (2009) mit Jean Dujardin in der Hauptrolle, die in Deutschland bisher nicht im Kino zu sehen war.

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In über 25 Vorstellungen werden im Kommunalen Kino Metropolis Filme zum Thema Europäischer Western präsentiert. Zum Filmprogramm

cinefest goes Kiez:
Eine Auswahl der Filme gibt es außerdem vom 21.-23. November im Studio und Koralle Kino zu sehen.

Teil der Veranstaltung in Hamburg ist der 24. Internationale Filmhistorische Kongress (17.-19.11.), in dem verschiedene Aspekte des Themas in Vorträgen und Diskussionen vertieft werden.

Im Rahmen des Festivals werden Diskussionsforen zu technischen, kulturellen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und juristischen Themen veranstaltet. 2010 finden die Foren vom 14.-16. November im Semiarraum des Goethe-Instituts Hamburg statt.

cinefest-Katalog 2011
Zum Festival ist wieder ein umfangreiches Katalogbuch erschienen, inkl. einer DVD-Beilage mit Filmen und Dokumenten zum Thema, u.a. mit POTATO FRITZ (1975/76, Peter Schamoni)



Nicht-Akkreditierte können Karten zu einzelnen Filmvorstellungen im Kommunalen Kino Metropolis kaufen.
Eintritt: EUR 6,- (EUR 4,- für Mitglieder des Metropolis und Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre). Zuschläge bei Überlänge und Musikbegleitung.



Zur Vorbereitung auf Kongress und Festival fand vom 5.-8. Mai 2011 ein internes Sichtungskolloquium in Berlin statt.

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Weitere Informationen bei:

CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V.
Schillerstr. 43, 22767 Hamburg
Tel: +49-(0)40-352194 / Fax: +49-(0)40-345864
email: info(at)cinefest.de



Im Anschluß an die Veranstaltungen in Hamburg werden Teile des Filmprogramms auch in Berlin, Prag, Wiesbaden, Udine/Gorizia, Wien und Zürich gezeigt.

Termine:


Berlin: 01.01. - 31.01.2012 (Zeughauskino)
Prag: Februar 2012 (Ponrepo Kino)
Udine: März 2012 (FilmForum)
Wiesbaden: März/April 2012 (Murnau-Filmtheater)
Wien: Juni 2012 (Studiokino)



in Zusammenarbeit mit
Kinemathek Hamburg - Kommunales Kino Metropolis
Deutsches Historisches Museum / Zeughauskino, Berlin
Fridrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden
Narodní filmový archiv, Prag
FilmForum Udine/Gorizia
Filmarchiv Austria, Wien
Cinémathèque Suisse Lausanne / Filmpodium Zürich

Mit freundlicher Unterstützung von
absolutMedien, Berlin
Arte, Straßburg
Cinecentrum, Hamburg
DEFA-Stiftung, Berlin
Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds, Prag
Deutsche Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen, Berlin
Deutsche Wochenschau GmbH, Hamburg
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt
Due Baristi Espressobar, Hamburg
Goethe-Institut Hamburg
Istituto Italiano di Cultura, Hamburg
MFG - Filmförderung Baden-Württemberg, Stuttgart
Novum Group Holding GmbH, Hamburg
Österreichisches Filmmuseum, Wien
Skoda Auto Deutschland GmbH
SK LimousineServices, Hamburg
Transit Film GmbH, München
Universität Hamburg – Institut für Neuere deutsche Literatur und Medienkultur
Verband der deutschen Filmkritik e.V., Berlin

Medienpartner: FilmDienst


Die Arbeit von CineGraph – Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V. wird gefördert durch die
Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg




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