Böhmen im 13. Jahrhundert: Ein Land im Umbruch zwischen pantheistischen Bräuchen und aufkommendem Christentum. Der alte Kozlik und sein Clan führen ein hartes und heidnisches Dasein. Als seine Söhne Mikoláš und Adam eine königliche Karawane überfallen und den jungen Deutschen Kristian entführen, sendet der König eine Armee, um dem Treiben ein Ende zu setzen. Mikoláš bittet seinen Nachbarn Lazar um Hilfe, doch dieser lässt ihn halb tot schlagen und jagt ihn fort. Rache suchend kehrt Mikoláš zurück und entführt Lazars schöne Tochter Marketa, die ihr Leben einem Kloster versprochen hat. Sie verliebt sich in ihren Peiniger, während Mikoláš’ Schwester Alexandra Gefallen an Kristian findet. Während der kalte Winter die Natur fest im Griff hat, entbrennen heftige Gefechte zwischen den rivalisierenden Banden, an deren Ende es viele Tote, aber auch neues Leben gibt.
Bohemia in the 13th century: A country on the tipping point between ancient traditions and the increasing influences of Christianity. Old Kozlik and his clan lead a hard, pagan life. When his sons Mikoláš and Adam kidnap Kristian, a young German soldier, from a Royal caravan, the king sends out an army to put an end to the attacks. When Mikoláš asks for help, his neighbour Lazar almost beats him to death and throws him out. Seeking revenge, Mikoláš returns and abducts Lazar’s beautiful daughter Marketa, who has promised her life to a cloister. Marketa falls in love with her tormentor, while Mikoláš‘ sister Alexandra takes a fancy to Kristian. While the world is held tightly in the grip of a cold winter, fierce battles storm up between rivaling groups. In the end, in a land drenched with the blood of the dead, a new life takes root.
MARKÉTA LAZAROVÁ gehört zu den anspruchsvollsten Streifen der tschechoslowakischen Nachkriegskinematographie, sowohl in künstlerischer als auch in finanzieller Hinsicht. František Vláčil hat bisher nicht viele Filme gedreht, aber ihre künstlerische Qualität hat ihn in die interessante tschechoslowakische Filmgeneration eingereiht, die an der Wende der fünfziger und sechziger Jahre antrat. Er wird als Filmdichter, Philosoph und Maler der silbernen Leinwand bezeichnet. [...] MARKÉTA LAZAROVÁ wurde nach der Novelle des großen tschechischen Schriftstellers Vladislav Vančura gedreht, den die Nazis im Jahre 1942 erschossen haben. Die weitverzweigte Geschichte von den wilden mittelalterlichen Dieben aus dem XIII. Jahrhundert, vom Geschlecht des alten Kozlík und der Familie des räuberischen Landmannes Lazar und weiterer Menschen, ihre Beziehungen und Freundschaften, die Kämpfe mit den Söldnern des Königs, all das getragen von menschlicher Leidenschaft, Grausamkeit und Zärtlichkeit, Sehnsucht nach Vergeltung, Mannesmut, natürlicher Erotik und reinem Gefühl all das will dieser großartige Film ausdrücken.
František Vláčil ist ein Künstler, der sich nicht von der Idee eines Ausstattungsfilms über das XIII. Jahrhundert betören ließe, wenn er in Vančuras Werk nicht zugleich auch die Philosophie gefunden hätte, die seiner eigenen Anschauung entspricht und mit seinem Film nicht neue Gedanken auch für den Zuschauer von heute ausdrücken könnte. Er selbst sagt darüber: »Meist respektieren Filmschaffende die literarische Vorlage zu sehr, anstatt daß sie sie vornehmlich als Inspirationsquelle betrachten, von der sie ausgehen und die sie durch ihre Ansichten und Gedanken bereichern. Das bedeutet jedoch keine gewaltsame Aktualisierung des Werkes oder seine Auffassung als bloßes Instrument, um den eigenen Standpunkt zu aktuellen gesellschaftlichen Problemen auszudrücken. Wenn ich das wollte, würde ich einen Artikel oder ein Essay schreiben, dazu brauchte ich keinen historischen Stoff. Der interessiert mich vor allem vom künstlerischen Standpunkt aus. Ich lasse die Menschen ihr Leben leben. Hat es z.B. Balzac anders getan? Und seine Kritik der damaligen Gesellschaft war weitaus klarer und schärfer als die jener, die sich angestrengt darum bemühten. Für mich ist Marketa ein gesunder Mensch, der unter den gegebenen Bedingungen lebt, so gut er kann. Um ihrer Liebe zu Mikoláš willen entsagt sie der Liebe zu Gott und ist bereit, dieser irdischen Liebe alles zu opfern«.
František Pavlíček, Schriftsteller, der an dem Filmbuch mitgearbeitet hat, meint u. a.: »In Übereinstimmung mit dem Geist von Vančuras Werk haben wir versucht, einen gotischen Menschen zu verkörpern, der zwischen Gott und Tod im Leben steht.«
Kameramann Bedrich Bat'ka: »MARKÉTA LAZAROVÁ eine Art Western? Da ist etwas daran, nämlich das Einfache, das zu einem richtigen Western gehört. Vančura selbst sagte, diese Geschichte sei so einfach wie ein Eichentisch zum Unterschied von der reizenden Kompliziertheit moderner Literatur. Ich habe mich ehrlich bemüht, sachliche Bilder zu machen, zum Unterschied von der reizenden Kompliziertheit mancher moderner Fotoausstellungen. Wir wollten das Gegenteil eines romantisch-historischen Großfilms, der den Rahmen für schöne Heldinnen bildet. Unser Film soll sozusagen ein Dokument seiner Zeit sein.«
Die Hauptheldin Magda Vášáryová ist eine 19jährige Studentin aus Bratislava. »Ich bin immer romantisch«, meinte sie, »Liebe soll sich nicht hinter Zynik verstecken. Ich bin für Zärtlichkeit. Nein, sexy bin ich nicht, obwohl ich in manchen Szene etwas entblößt erscheine.«
Marketas Geliebter, der Räuber Mikoláš, dargestellt von Fero Velecký, gleichfalls aus Bratislava, sprach einen Wunsch aus: »Ich wäre sehr froh, wenn sich die Menschen der Reinheit des Gefühls bewußt würden, über die in unserem Film erzählt wird. Wenn sie all die reinen Leidenschaften, die reine und durch nichts verwischte Auffassung des Lebens begreifen wollten, jene wahre Menschlichkeit.«
Oa [=Oldřich Adamec]: Markéta Lazarová Ein Monumentalfilm des Barrandov-Studios in Prag
Im Herzen Europas, Mai 1967, S. 28-30.