In einer norddeutschen Stadt steht neben einer katholischen Kirche die Eden-Bar, ein Vergnügungsetablissement, das den Priestern schon lange ein Dorn im Auge ist. Als Pater Malachias zu Besuch kommt, kniet er vor dem Gebäude nieder und betet inständig, Gott möge die Eden-Bar verschwinden lasssen. Sein Wunsch wird prompt erhört und es prangt ein Loch, wo sich kurz zuvor noch die Eden-Bar befand. Diese findet sich wiederum auf einem Felsen auf einer Nordsee-Insel wieder. Die Presse wirft sich auf die Wundergeschichte und stilisiert Pater Malachias zu einer Ikone. Der Besitzer der Eden-Bar wittert ein großes Geschäft und baut den ehemaligen Standort der Bar zu einer Pilgerstätte mit Vergnügungspark um. Bald blüht der Handel mit Malachias-Figuren, -Stollen und -Wunderwasser. Gleichzeitig wird um das Haus auf der Insel ein modernes Casino errichtet. Pater Malachias verfolgt die Entwicklung mit wachsendem Entsetzen. Verzweifelt kniet er vor dem neu errichteten Insel-Casino nieder und betet darum, alles wieder ungeschehen zu machen.
The Eden Bar, a sin-ridden establishment, is located next door to a Catholic church in a north German city and has long been a thorn in the side of the clergymen. When Pater Malachias comes to visit, he kneels down in front of the building and prays ardently to God to make is a hole in the ground. Miraculously, the bar has reappeared on a cliff on an island in the North Sea. There is a pilgrimage of the press to witness such a miracle of a story and Pater Malachias becomes a cultural icon. The owner of Eden-Bar spies an opportunity for business and converts the old foundation of the bar into a shrine and amusement park. Trade quickly flourishes with Malachias figurines, cakes and miracle water, while meanwhile on the island a modern casino is built around the bar. Pater Malachias observes the developments with increasing dismay and in desperation, kneels down in front of the newly erected island casino and prays to God for everything to be undone.
Dieser Film ist wie ein wütendes Gewitter. Er donnert andauernd. Er regnet den Zuschauer ein mit optischen Entladungen. Er brüllt ihn an mit immer neuen Donnerschlägen eines atemlosen Dialogs. Schnell hintereinander schlagen die Blitze der Vernichtung ein. Sie gehen nieder auf einer überfüllten, leeren deutschen Landschaft der Gegenwart. Es ist ein Film gegen die strampelnde Weltlichkeit unserer Welt. Er will predigen gegen die Abwesenheit der Stille und die Verschüttung der Seele. [...]
Wie Wicki nun in verschiedenen Sphären diese Welt der hektischen Leere erst sortiert, wie er sie dann vortanzen läßt, das hat eine Fülle gegenwärtiger Verdammnis, wie sie bisher nur Fellini im DOLCE VITA gelang. Das ist wahrhaft ein Pandämonium. Die Welt der kleinen Hökerer flutet heran. Die Meinungsmacher, die großen Publizisten und Pressekönige werden hingestellt und geprügelt. High Society, auf bundesdeutsch, wird zerfetzt und gegeißelt. Der Zeitvertreib der Liebe, der achtlose Umgang der Geschlechter wird gestraft. Der Jargon der Unredlichen, von der Straße bis in die Teakholz-Feinheit der Besitzenden, wird bitter aufgespießt.
Da hat der Film eine höhnische Unbedingtheit, die wir bisher nicht kannten, eine Härte, die bei uns nie gelang. Wicki rast unter den Opfern seines Unmuts. Er bricht, besessen, lauter Stäbe über den Zeitgeist. Es. knackt ständig. Ingrimm und eine Art schwarzen Humors mischen sich wie in einem deutschen Film bisher nie.
Hier mäht einer mit genauer Kamera Unkraut. Wie da (Klaus von Rautenfeld) die Wahlstatt jedesmal optisch genau und lecker bereitet ist so hatten wir das selten. Die Party auf dem Dach eines Hochhauses. Die Aspekte der überfüllten Leere auf dem Rummelplatz der falschen Heiligkeit. Massen werden bewegt wie Sturzbäche. Kleine Kneipen, nicht mehr Kulissenbudiken wie sonst in unseren Filmen.
Wicki ist eine Stilisierung des Realen gelungen die sonst bei uns unmöglich schien. Oft tut er, berserkerhaft, zuviel. Die Sequenz, mit der er zum dritten Male den Rummelplatz neben der Kirche aufbläht, könnte ganz entfallen. Das wiederholt nur schon Repetiertes. Wenn er das teuflisch große Fest der Ausbeuter auf der einsamen Nordseeinsel zeigt, wo man die von Gott umgepflanzte Bar eingefaßt hat in einen neuen, übersteigerten Amüsierbetrieb der großen Welt, dann hält er nicht die künstlerische Bande. Das sticht zu hoch, es trifft nicht mehr. Der Film eifert im Absurden.
Und das ist jammerschade. Denn dieser Film steckt voller Vorzüglichkeiten sonst, voll fanatischer Schönheit des Bösen. Stars wurden nicht geheuert. Hauptrollen wurden an Spieler vergeben, die bisher, bestenfalls, in Nebenrollen standen. Und plötzlich: was sieht man für Gesichter! Wie werden da Gestalten der Gegenwart dingfest gemacht!
Horst Bollmann ist Malachias. Humor der Einfalt, ganz zarte Komik mit ganz ersten Mitteln. Man sieht es mit Staunen. Richard Münch geht wie eine Furie der tönernen Geschäftigkeit durch den Film, ein Manager des Unheils, ein Teufel des Werbegeschäfts. Der Mann sitzt voller Entladungen. Er hämmert seine Dialoge. Er ist eine Sehenswürdigkeit.
Wicki hat Gesichter aus der Gesellschaft und von der Straße neben gelernte Darsteller gestellt. Und siehe: es geht. Sechs deutsche Intendanten tauchen an allen möglichen Ecken der Handlung auf. Man sieht plötzlich einen berühmten Karikaturisten agieren. Ein Filmkritiker wird zum Würstchenverkäufer. Unverbrauchte, ungelernte Gesichter werden kühn gemischt mit Könnern ihres Handwerks. Es entsteht kein Bruch. Wicki bevölkert die Leinwand mit Neuerscheinungen. Man staunt. Jeder Typ sitzt genau an seiner Stelle.
Brigitte Grothum und Karin Hübner schwemmen, als Objekte der entleerten Liebe durch die Handlung. Beide sind anrührend, sind mit leichter Melancholie versehen, sind vorzüglich. Pinkas Braun, ein intellektueller Mitläufer der Verderbnis wie mahnend stellt Wicki diesen traurigen Kopf eines Denkenden, der nicht zu denken wagt, in die Kulisse des Unheils!
Der Film steckt voller genialer Streiche. Und wenn er hin und wieder im Dialog allzu kabarettistisch auf Tagesbezüglichkeiten anspielt (und dann bei offener Leinwand bejubelt wird), ist das im Grunde eher störend. Das vergeht. Dieser Film aber sollte noch lange besehen werden.
Er ist ein Gewitter. Er will der Stille eine Stätte bereiten und kennt selber die Stille nicht. Er will atmen lehren und ist selbst dauernd außer Atem. Er steht sich, vor lauter Eifer; in der letzten Vollendung selbst im Wege. Er übernimmt sich am Ende tragisch selbst.
Aber was für ein Wurf! Der Film dieses Landes ist nicht am Ende. Bernhard Wickis furioses Werk gibt Hoffnung, auch noch da, wo er letztlich mißlang.
Friedrich Luft: Ein Film mit Hörnern und Klauen
Die Welt, 5.7.1961