Während Rita sich von einer Krankheit erholt, die sie körperlich und seelisch schwer mitgenommen hat, erinnert sie sich an ihre Liebe zu Manfred, einem zehn Jahre älteren Chemiker: Um Lehrerin zu werden, geht Rita in die Stadt und wohnt zusammen mit Manfred im Dachzimmer im Hause seiner Eltern. Manfred lehnt das spießige Leben seiner Eltern ab und verabscheut seinen Vater, einst ein Nazi, jetzt treues Mitglied in der SED. Bevor sie mit ihrem Studium beginnt, arbeitet Rita weiter in einer Waggonfabrik, wo sie den Meister Meternagel kennenlernt, der ihr väterlicher Freund und Ratgeber wird. Während sie sich dem Werk und ihrer Brigade immer enger verbunden fühlt, verbittert Manfred immer mehr, und als ein von ihm entwickeltes chemisches Verfahren abgelehnt wird, sieht er als einzigen Ausweg seine Ausreise in den Westen. Rita und Manfred treffen sich ein letztes Mal in West-Berlin und Rita erkennt, dass Manfreds Leben nicht ihres sein kann.
During Rita’s recuperation from an illness, which has afflicted her both physically and psychologically, her recollection begins with two trains closing in on her from opposite sides. Slowly she tries to get back on track by piecing together memories of her family, her village, and Manfred, a chemist who she had fallen in love with although he is ten years older: Rita recalls living together with Manfred in the attic of his parents house, while working at a rail carriage factory and starting her training to become a teacher. Manfred rejects the bourgeois life of his parents and despises his father, once a Nazi, now faithful member in the communist party SED. Before starting her studies, Rita continues to work in a carriage factory, where she meets Meternagel, who becomes her fatherly friend and mentor. As Rita’s connections to the plant and the workers brigade strengthen, Manfred’s bitterness increases. When his newly developed chemical procedure is rejected, he sees leaving for West Germany as his only remaining option. When they meet, one last time, in West-Berlin, Rita realizes that Manfred’s life cannot be hers.
Eine Folge überraschender, schöner manchmal auch etwas kalter Bilder, fragmentarische Passagen der Erinnerung, assoziative Verbindungen, kontrapunktische Bewegungen von Bild und Ton, poetische Symbole, auf Andeutungen reduzierte Stücke eines weltanschaulichen Dialogs, und aus all dem formt sich allmählich eine Geschichte: die Geschichte einer Welterfahrung, einer jungen großen Liebe, die scheitert. Die Geschichte des Mädchens Rita, das in die große Stadt Halle an der Saale kam und dort arbeitete, in einem Waggonwerk, und dort studierte, am Pädagogischen Institut, und dort vielen Menschen begegnete, sehr verschiedenartigen, und dort Wirklichkeit erfuhr, Konflikte, Probleme, Kämpfe um den Menschen, innerhalb des Menschen; Wirklichkeit, vielgestaltig, kontrastreich. Die Geschichte der Liebe von Rita zu Manfred, dem jungen Chemiker, Geschichte einer Idylle, die beginnt, als wolle sie nie enden, und sie endet doch, als Manfred nach Westberlin geht, vor Schwierigkeiten flieht, und Rita ihm nicht folgen kann, nicht folgen will, weil sie ein anderes Weltbild inzwischen gewann.
Optische Metaphern, subtile Bildkompositionen, Film als eine Gattung der bildenden Kunst ..., es soll hier nicht wiederholt werden, was über diese ästhetischen Qualitäten von Konrad Wolfs Film DER GETEILTE HIMMEL und über Werner Bergmanns faszinierende Kameraführung gesagt werden muß.
Doch da ist also die Verwirrung, die der eigenwillige dramaturgische Aufbau des Films, die Auflösung der Handlung in eine Folge von Assoziationen, die zeitlich und örtlich nicht immer klar einzuordnen sind, offenbar hervorzurufen geeignet ist, und es bedarf schon angesichts solcher Ungewöhnlichkeiten eines Augenblicks des Nachdenkens, um Sinn und Ordnung dieses komplizierten Handlungsaufbaus zu erkennen.
Er erscheint dann nämlich sehr einleuchtend, logisch, folgerichtig. Er hat einen Fixpunkt, an dem er konsequent festhält: die Welt, mit den Augen eines Menschen gesehen. In diesem Film nach Christa Wolfs viel diskutierter Erzählung wird nichts gezeigt, was nicht das Mädchen Rita erlebt hat, und nichts davon wird anders gezeigt, als Rita es erlebt hat. Subjektive Erfassung objektiver Welt das ist es, was hier ohne Bruch dargestellt ist, und die Logik der Erinnerung, des menschlichen Gedächtnisses ist freilich eine andere als die der dramaturgischen Handbücher, und das Leben ist selten so wohlgeordnet, wie es Theorien sind.
Intellektuelle Poesie auf diese Formel ließe sich das Wesen dieses Films bringen. Er geht darin über seine literarische Vorlage hinaus, übertrifft sie an Intensität ein seltener Fall; Verfilmungen bleiben allzuoft hinter den literarischen Werken zurück. Und wenn also dieser Film wirklich »schwer zu verstehen« ist, so muß man darin nicht unbedingt einen Nachteil erblicken; man kann dies auch für einen großen Vorzug halten, daß Ansprüche an den Betrachter gestellt werden, daß er selbst nachdenken muß und ihm nicht rhetorische Überdeutlichkeiten alles haargenau zu erklären suchen, daß er seine eigenen Erfahrungen, sein eigenes Erleben seiner Umwelt hinzufügen muß zu dem, was ihm der Film zeigt.
Gerade Gegenwartsthemen sind, sieht man von wenigen Ausnahmen, von Experimenten junger Regisseure ab, von der DEFA allzuoft in einer konventionellen und also dem erregenden Neuen der Gegenwart nicht adäquaten Weise dargestellt worden; hier hingegen würde eine Form gefunden, komplizierte Bewußtseinsprozesse von gesellschaftlicher Relevanz nicht nur als rationales Kalkül, sondern als emotionales Erleben sichtbar zu machen. Es ist gut, daß über diesen Film schon viel diskutiert wurde und sicher noch viel mehr diskutiert werden wird. Er erklärt und verdeutlicht Situationen, an denen wir alle teilhaben, er beantwortet Fragen und stellt neue. Er ist aber auch Anstoß zu einer aufgeschlossenen, nicht durch dogmatische Voreingenommenheiten gehemmten Diskussion über einige ästhetische Grundfragen.
Bleibt noch zu bemerken, daß Hans-Dieter Hosalla eine funktionell durchdachte Musik komponiert hat, die an der Gesamtwirkung des Films einen überaus großen Anteil hat, indem sie Atmosphäre verdichtet, Bildhaftes einprägsam kommentiert. Bleibt von den Schauspielern zu sprechen. Eberhard Esche gibt den Manfred sehr sympathisch, kühl, überlegen, intelligent und doch von einer merkwürdigen inneren Schwäche und Unsicherheit bestimmt, er formt eine Gestalt, die über Klischees vom schwankenden Intellektuellen hinausweist und so die ganze Kompliziertheit dieses Menschen erfaßt. Renate Blume wirkt als Rita sehr passiv, doch das entspricht dem Charakter der Rolle; hier wird ein Mensch gezeigt, der noch nicht selbst handelt, den sein Erleben noch prägt. Hans Hardt-Hardtloff als Meternagel, Hilmar Thale als Wendland, Günter Grabbert als Schwarzenbach, Erika Pelikowsky und Martin Flörchinger als das Ehepaar Herrfurth, Horst Jonischkan und Hans-Joachim Hanisch sie geben scharf umrissene Figuren, Charakteristik eines ganzen Menschen durch oft nur einen Satz, eine Geste.
H. U. [= Helmut Ullrich]: Ein Werk voller erregender Fragen
Neue Zeit (Berlin), 8.9.1964