ERZÄHLUNG ÜBER EINE LIEBE (1964)
Inge und Peter sind ein junges Pärchen, das in einem Bergbau-Städtchen im Erzgebirge lebt. Der dokumentarische Spielfilm schildert das Auf und Ab ihrer Beziehung, ihre Wünsche und Zweifel und das Leben zwischen Bergmannsarbeit und feuchtfröhlichen Feiern.
SCHWARZ-WEIß-BLUES (1964)
Allegorischer Tanzfilm: Versöhnung zwischen "Schwarz" und "Weiß" im Duett von Mann und Frau.
RUKA (1965)
Ein kleines Männchen stellt Blumentöpfe her und versucht liebevoll eine Pflanze großzuziehen. Eine übermächtige Hand versucht ihn davon abzuhalten und sein kleines Glück zu zerstören. Nicht mehr Blumentöpfe soll es herstellen, sondern ein Denkmal für die Hand. Die Flucht vor der Hand endet tötlich: Der Blumetopf fällt ihm auf den Kopf.
ZWEI (1965)
Der Kurzfilm schildert in Parallelmontage den Tagesablauf eines jungen Büroangestellten und einer alternden Stripteasetänzerin in Hamburg. Ihr Leben hat keine Berührungspunkte, bis es zu einer dramatischen nächtlichen Begegnung kommt.
ERZÄHLUNG ÜBER EINE LIEBE
Erinnerung an meinen Diplomfilm:
Ich wollte in meinem Diplomfilm Probleme des Lebens junger Leute in der DDR so realistisch wie möglich untersuchen. Mich interessierte das Thema einer jungen Liebe unter den harten Bedingungen einer Bergmannsausbildung, die der eines Seemannes ähnlich ist: Jeder muss sich auf jeden verlassen können, weil der Berg und das Meer unerbittlich sind. Aber diese Arbeiten zwingen auch Verhaltensweisen, Charakterbildung, Ansichten zum anderen Geschlecht, zum Leben und der eigenen Zukunft in seine Bahn. Auch waren mit der Entwicklung des jungen Landes die alten Moral- und Familiennormen infrage gestellt, was auf Widerstand und Beharrung stieß. Dazu wollte ich eine Diskussion anstoßen helfen.
Besetzungen entstanden an der DHF Babelsberg oft aus Arbeits- und richtigen Freundschaften während des Studiums. In meinem Fall war es jedoch die lange Beobachtung einer wachsenden Liebesbeziehung zweier Schauspielstudenten aus dem zweiten Studienjahr: Petra Kelling wurde so die »Inge« und Armin Mechsner ihr Freund »Peter«. Sie entsprach sehr genau meinem Bild von einem Mädchen auf dem Weg zur Frau und er einem seinen Platz im Leben und der Gesellschaft suchenden Jungen, den ich porträtieren wollte.
Die Suche unserer Generation nach ihrem eigenen Stil der aber auch unbedingt mit unserem Land und seiner Entwicklung zu tun haben sollte, die wir kritisch aber bestätigend begleiten wollten , war von mehreren Schulen stark beeinflusst. Wir hatten während des Studiums die Möglichkeit, die wirklich großen Filme aus Italien, Polen, der UdSSR, Frankreich, auch Japan und den USA zu sehen und über sie zu diskutieren. So kannten wir eigentlich alle Zeitströmungen und konnten uns an ihnen orientieren. Mich hat neben den Neorealisten aus Italien (Fellini mit LA STRADA, Visconti, Rossellini) besonders die junge tschechische und polnische Regie-Generation interessiert (Miloš Forman mit DER SCHWARZE PETER, Andrzej Wajda mit ASCHE UND DIAMANT, Krzysztof Zanussi), was man dem Film auch ansehen kann.
Der Film ist vorwiegend an Originalschauplätzen gedreht und kam damit dem Credo der neuen Regie-Generation nahe, so dicht wie möglich an der Wirklichkeit und den Problemen der Menschen in ihr zu sein. Aber schon das von mir gewählte Cinemascope-Format suchte eine Unterscheidung. ERZÄHLUNG ÜBER EINE LIEBE war mit meinem Kameramann Klaus Manzek akribisch vorbereitet: Wir zeichneten die einzelnen Einstellungen, klaubten unser theoretisches Wissen zusammen, um optische, akustische, szenische Spannungsbogen zu bauen etc. Bereits damit entfernten wir uns von der dokumentarischen Echtheit, bereiteten die scheinbare Realität vor und auf, verletzten alle Regeln. Die Schule ist also vielleicht in Prag zu ahnen, die Schüler aber hatten ihren eigenen Kopf.
Roland Oehme
Zwei
Klick widmet sich dem Menschen. Er mißtraut dem Primat der Form und versucht, das Wesentliche an seinen Personen aus ihren Gesten, aus ihren fast unmerklichen Reaktionen aufzuspüren. Er schafft nach eigenen Worten Filme so wie ein Schriftsteller Bücher, indem er das Bild des Menschen sieht und sofort beginnt, es zu beschreiben: den tumben Dorfaugust Ludwig, in Beschränktheit schön, jene Zwei, die nichts miteinander zu tun haben, er ist einer von den zu früh gealterten Jugendlichen mit festem Bürositz, Auto und der Ruhe der Mittelmäßigkeit, die pensionsberechtigt ist, sie tingelt nackt und müde in einem billigen Etablissement, das die traurige Fassade hinter niedrigen Stromrechnungen zu verstecken weiß.
Der Alltag hat sie beide. Sie reagieren auf ihn in Fahrstühlen, auf den Straßen, in Kneipen und Büros mit jener Gebrauchsmimik, die für ihr Leben ausreicht. Sie brauchen auch am Sonntag kein Pathos. Klick versagt ihnen jeden Glanz einer dramatischen Sensation. Er bastelt seine Personen vorsichtig zusammen, wie er auch ihre Besetzung meistens aussucht, bevor überhaupt das Drehbuch geschrieben ist, und läßt sie dann einfach loslaufen, die einen, die immer Radau machen müssen, und die anderen, die darunter leiden. Die Handkamera folgt ihnen, beweglich zwar. Aber sie verbietet sich jede formale Abschweifung, um keine der fast unbewußten Gesten ihrer Menschen zu verpassen. Das Detail kommt ausführlich ins Bild, aber nur als Verstärker menschlicher Schwingungen.
Auch der Ton hat diese eine Funktion und wird dadurch von eindringlicher Sparsamkeit. Das Kreischen einer Straßenbahn wirkt plötzlich bedrohlich. Aus dem Summen einer Fliege spricht die Langeweile des Feierabends, aus dem Surren des Rasierapparates die Erwartung eines geselligen Abends mit Kollegen zwischen Bierhahn und Brathähnchen. Klicks Filme sind subjektive Reportagen über die Eigenschaften, mit denen er seine Personen im Hinblick auf die Probleme der Gegenwart konzipiert hat. Mehr in Bild und Ton als im Wert strahlt aus den Ausschnitten der Wirklichkeit, die seinen Menschen zusammensetzen, eine atmosphärische Dichte, cinéma vérité der Psyche, kein Neorealismus aus italienischen Arbeitervierteln, sondern vielleicht expressiver Realismus aus Wohlstandsdeutschland.
Ilona Perl: Was sie drehen Filmprojekte auf Berliner Pflaster
Film, Nr. 10, Oktober 1965