The Wolfer
Dakota Territorium, Winter 1877/78. Big Angy ist Fallensteller, seine Beute sind Wölfe, weshalb er auch Wolfer genannt wird. Er ist ein guter Freund der Oglala-Indianer. Der Squaw Mountain Flower, die ihm in seiner Hütte Gesellschaft leistet, hat er schon lange die Ehe versprochen. Als Mountain Flower von zwei Cowboys vergewaltigt und getötet wird, schwört Angy Rache. Durch die kalte Winterlandschaft verfolgt er ihre Spuren und begegnet dabei den unterschiedlichsten Menschen des Wilden Westens. Schließlich trifft er in einer kleinen Siedlung auf die beiden Schurken. Er kann sie jedoch nicht sofort zur Rede stellen, denn er folgt - anständig wie er ist - der Aufforderung des Barmanns, keinen Ärger im Saloon zu machen. Schließlich kommt es doch noch zum entscheidenden Duell, mit dem Angy den Ärger des Saloon-Besitzers auf sich zieht, da dieser glaubt, dass die beiden Cowboys ihn zu einer Goldmine hätten führen können.
Dakota territory, Winter 1877/78. Big Angy is a wolf trapper, with the nickname Wolfer. He is a good friend of the Oglala-Indians. He has long promised to marry the squaw Mountain Flower, who shares his life in his hut. When two cowboys rape and kill Mountain Flower, Angy swears to take revenge. He follows them through a cold winter landscape and on his way meets a wide variety of westerners. Finally he finds the scoundrels in a small settlement. But because he is a nice guy, he obliges to the saloon-owner’s request not to raise any trouble and doesn’t immediately confront them. Eventually he faces the cowboys in a show down, enraging the saloon-owner, who believes that the cowboys could have shown him the way to a goldmine.
[Angelo] Burri hat in mehrjähriger Arbeit mit Freunden seinen Traum verwirklicht: die Selbstdarstellung als der, der er sein möchte. Das Entlebuch und die Napfgegend sind ihm zu den Black Hills von Dakota geworden, reine Projektionsfläche für einen rückwärts und fernwärts gewandten Traum, dessen Genauigkeit in den Details sich nur mit der Akribie gewisser naiver Malereien vergleichen lässt.
In The Wolfer wird eine von Geschichte und Kultur deutlich geprägte urschweizerische Landschaft sozusagen entleert und mit der Sprache und dem Ausdruck einer äusserlich fernen und innerlich nahen Mythologie wieder aufgefüllt. Das Zauberwort heisst Identifikation, schon längst nicht mehr Suche nach Identität. Angelo Burri, der Filmer, Musiker und Maler, bewegt sich in unserer Welt wie ein Fremder. Den Cowboyhut, das Barchenthemd, das Ledergilet, Jeans und Stiefel legt er nicht mehr ab, und seine Band nennt sich »The Apaches«. Er hat mit jener Innerschweizer Indianer- und Cowboytradition, die sich sonst im Kinderspiel und an der Fasnacht manifestiert, Ernst gemacht. Die ferne Welt ist zu einer Obsession geworden, die den Alltag restlos bestimmt. Wie stark diese Obsession ist, mögen Einzelheiten zeigen: Angelo Burri besitzt eines der grössten privaten Wildwestmuseen in der Schweiz, und er kennt die anderen Sammler ziemlich genau; die Kostüme für seinen Film hat er nach historischen Vorlagen zusammen mit seiner Frau eigenhändig genäht; der Bau einer Poststation auf einer abgelegenen Alp hat »Big Angy« und seine Freunde sechs Monate lang beschäftigt. Welche Begeisterungsfähigkeit muss Burri haben und vermitteln! Was für ein ausdauernder starker Träumer!
Martin Schaub: Die dünnere Haut Bemerkungen zu einigen neuen Schweizer Filmen
Tages-Anzeiger-Magazin, Nr. 9, 1.3.1980
Angelo Burri hat mit The Wolfer keinen Action-Film nach üblichem Kino- und TV-Muster gedreht, im Gegenteil: Bewusst versuchte er auch im Rhythmus der Bilder und der Dramaturgie, in der Entwicklung der Handlung, das Leben von damals nachzustellen. So soll etwa mit der langen Verfolgungsjagd die Weite der Natur, die mühsame Art sich fortzubewegen, das spezifische Verhältnis zur Zeit und allgemein ein spezieller Lebensgehalt deutlich gemacht werden. Die Figur des Wolfsjägers entspringt denn auch keiner »positiven Held«-Schablone in ihr verkörpert sich ein alltäglicher Cowboy, durch dessen (Miss-)Geschicke sich alltägliches Leben der Menschen von damals widerspiegelt. Burri zeigt in diesem Film Menschen und Verhaltensweisen, die er zum Beispiel ähnlich bei den Nepali in Nordindien auch vorfindet: Der Film ist ein sehr persönliches Produkt von Burris Auseinandersetzung mit fremden Kulturen, von seiner Sehnsucht auch nach dem einfachen Leben.
Dadurch enthält er eine Botschaft: Er wendet sich gegen die verlogenen Klischees eines TV-Winnetous etwa, gegen die vielfältigen Formen der exotischen Stilisierung der Völker der dritten Welt, das heisst auch gegen die Usurpierung der Indianer zur Vertuschung eigener (politischer) Probleme. Burri hat sich mit der gesamten Selbstinszenierung, der Musik und dem Film Möglichkeiten geschaffen, sein Leben gegen die Verhältnisse hier zu gestalten, eigene Bilder gegen die vorherrschenden zu stellen. Diesen Anspruch gilt es ernst zu nehmen, wenn auch die Form, in der er umgesetzt wird, zum Teil befremden oder irritieren mag.
Jörg Huber: Persönliche Bilder gegen unpersönliche Verhältnisse
Tages-Anzeiger, 17.5.1980
Beim Verlassen des Kinos überkommt einen ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits spürt man aus einigen gut geratenen Details, aus kleinen Witzen und satirischen Details den sicher grossen Einsatz der ganzen Laienmannschaft, deren Enthusiasmus und Freude am Erstellen eines Filmes. Andererseits aber gibt es viele Ungereimtheiten, nicht zuletzt auch filmisch schwerwiegende Missgriffe. Von der Dramaturgie her gesehen, fehlen die für einen Film notwendige Rhythmik des Handlungsablaufes sowie eine charakteristische und geordnete Filmsprache. Das Ganze wirkt oft wie eine Zusammensetzung einzelner Episoden aus verschiedenen Filmen, deren Verbindung nicht recht zu gelingen scheint. Da gibt es auch einige Ungereimtheiten der logischen Abfolge der Geschichte, die zwar zugegebenermassen nicht schwer ins Gewicht fallen. Schon auffälliger wirkt das gleichmässige Vorhandensein von einerseits echtem, naturalistischem Ernst wie auch andererseits von einer gewissen überschauenden Distanz, die sich vornehmlich in kleinen Augenzwinkern und Belächelungen der Hauptfigur manifestiert nur weiss man nie so recht, was nun wie zu verstehen ist. Irgendwie fehlt die Gliederung in Betontes und Nebensächliches.
Wohl am stärksten stört die Sprache: Der Film wollte authentisch sein, es wird ein Western-Englisch gesprochen, aber ein sehr ächzendes, voll von schweizerischem Akzent. Zwar haben die Siedler keineswegs ein gutes, akzentfreies Englisch gesprochen, doch haben sicher nicht alle vor allem nicht die Indianer einen schweizerischen Akzent gehabt. Mit anderen Worten: Akzent ja, aber dann sollten unbedingt verschiedene Akzente vorhanden sein.
Robert Richter: The Wolfer
Zoom, Nr. 12/ 1979