Limonádový Joe aneb Konská opera (Limonaden-Joe)
Musikalische Western-Parodie. Im »Trigger Whisky Saloon« in Stetson City sind Prügeleien an der Tagesordnung, bis eines Tages ein Fremder in der Stadt auftaucht. Limonaden-Joe, von Kopf bis Fuß in weiß gekleidet und strikter Anti-Alkoholiker, macht die Bewohner der Stadt mit der Limonade Kolaloka bekannt. Mr. Goodman eröffnet einen alkoholfreien »Kolaloka-Saloon«, seine Tochter erfreut die Gäste mit frommen Liedern, während im »Trigger Whisky Saloon« nur noch Langeweile herrscht. Dann taucht plötzlich ein steckbrieflich gesuchter Bösewicht in der Stadt auf, der Sheriff wird getötet, Kolaloka verboten und die guten Sitten wieder abgeschafft. Es ist an der Zeit, dass Limonaden-Joe, Generalvertreter von Kolaloka und strahlender Held, mit seinen Feinden und den Gegnern seiner Limonade abrechnet.
A musical western-parody. In the »Trigger Whisky Saloon« in Stetson City brawls are on the daily agenda, until a stranger comes to town. Lemonade-Joe is dressed in white from head to toe and detests the consumption of alcoholic beverages. After he introduces the lemonade Kolaloka to the town's people, Mr. Goodman decides to open the alcohol-free »Kolaloka-Saloon«, where his daughter delights the guests with pious songs, while the »Trigger Whisky Saloon« now only has boredom to offer. Suddenly a villainous, lawless man arrives in town, the Sheriff gets killed, Kolaloka is banned and the good morals are abandoned. It's time for Lemonade-Joe, the sole representative of Kolaloka and a radiant hero, to get even with his enemies and the opponents of his lemonade.
Sie kennen Kolaloka-Limonade nicht, Sie wissen auch nicht wer Joe, der strahlendweiße, whiskyverächtende Hüter des Rechtes ist, im Volksmund nur schlicht »Limonaden-Joe« genannt? Eine Bildungslücke! Joe ist die Inkarnation der Männlichkeit (gewisse Ansätze zu sogenannten O-Beinen hat er vom steten Dasein auf einem Pferderücken), eine Mischung aus Apoll und Herkules, ein Konzentrat aus Jean Marais, Elvis Presley und Herbert Roth, übergossen mit der Himbeersoße eines Hollywood-Western.
Das Kuriosum an der Geschichte ist, daß uns die »knallharte Film-Biographie« des Helden ungezählter Mädchenträume auf dem Umweg über das Filmstudio Barrandow erreichte. Und was noch keiner der »Kollegen« Western-Film-Produzenten schaffte, die Barrandower brachten es zustande. Sie erhoben ihre Helden zur Unsterblichkeit. Ein paar Tropfen Kolaloka-Limonade schlagen den klinischen Tod aus dem Felde und die noch rauchenden Einschüsse im Leibe Joes werden zur Bedeutungslosigkeit von Muttermalen degradiert.
Sie glauben nicht an derartige schockhafte Auswirkungen? Überzeugen Sie sich selbst von der Unübertrefflichkeit »Limonaden-Joes« und sagen Sie dann, wer sollte ihm noch konkurrieren? In diesem Film wird alles, was die ungezählten Western-Film-Produktionen auszeichnet, dem Spott preisgegeben, angefangen beim chemisch reinen Helden über die unerträgliche Sentimentalität, die nie fehlende Schnulze, den Werbeslogan bis zum selbstverständlich unausbleiblichen Happy-End. Man spürt es den Schauspielern an, mit welchem Vergnügen sie unter der Regie von Oldrich Lipsky ihre Rollen gestalten, allen voran Karel Fiala als chlorodontlächelnder Limonaden-Joe und sein Gegenspieler, der Gangster Hogofogo, alias Milos Kopecky.
Zwei kleine kritische Gedanken, die einer ungetrübten Freude am parodistischen Spaß ein wenig im Weg stehen: Wäre erstens an manchen Stellen die Schere des Schnittmeisters nicht ein besserer Berater des Regisseurs gewesen als die streckenweise zu breit ausmalende Phantasie des Drehbuchautors; zweitens, werden gerade die jüngeren Besucher, denen der Vergleich mit den amerikanischen Wildwestfilmimporten besonders der dreißiger Jahre fehlt (die heute im Programm unserer Lichtspieltheater Gott sei Dank keinen Platz mehr haben), werden sie mit dieser Parodie etwas anzufangen wissen über die Freude am Klamauk, am pointierten Gag und der »harten Situation« an sich hinaus?
G. F.: Limonaden-Joe
Freiheit (Halle), 1.9.1964
Wenn ein Film-Genre alt und ehrwürdig wird, ruft es seine eigene Parodie hervor. Oft geht das schnell. James Bond wird von seinen Erfindern und kinematographischen Ausbeutern selbst schon parodiert. Der Abenteuerfilm wird zur Zeit mit Viva Maria oder mit de Brocas Belmondo-Reißer kräftig auf die Schippe genommen. Aus Prag, erstaunlicherweise, kommt die parodistische Abrechnung mit dem Genre des »Western«. Die amerikanische Gußeisen-Dramaturgie dieser Filmform schreit geradezu nach ihrer eigenen Auflösung durch ironisierte Überdrehung.
Was man hier sieht, hat man in tausend Wildwestfilmen ähnlich gesehen. Oldrich Lipsky, der Regisseur, braucht die rüden Knalleffekte dieser Filmgattung nur zu addieren: schon liegt die schönste Parodie und Verhohnepipelung auf der Hand. Colts, sonst gewiß auch nicht unbeschäftigt, laufen jetzt heiß. Filmleichen stapeln sich komisch. Edelmut, gemeinhin im Western aus voller Pulle beigegeben, schwappt hier in Fässern auf die Leinwand. Geritten wird, daß die Hufe nur immer dampfen.
Alles sehr komisch. Auch oft sehr raffiniert beobachtet. Oldrich Lipsky öffnet jedes alte Faß. Er nimmt sich nebenbei noch den US-Reklamerummel vor. Er legt, während er sie hochstapelnd vorzeigt, die dramaturgisch blödsinnige Automatik einer ganzen Gattung von Radaufilmen offen. Ein Fressen für Kenner und Liebhaber. Er färbt das Bild albern ein. Er läßt sich von dem großen Trickzauberer Trnka eine Fülle von Verblüffungseffekten einbauen. Er läßt von den parodistischen Möglichkeiten keine einzige aus.
Warum wird, so sehr man sich hämisch amüsiert, das Vergnügen am Ende doch überzogen? Warum sieht man, nach einer halben Stunde des total parodistischen Einverständnisses, den Repetitionen des gleichen mit viel weniger Interesse zu? Weil wahrscheinlich eine Parodie leidet, wenn sie abendfüllend angerichtet wird. Weil, ist der Witz wirklich gut und decouvrierend, er in Sketchlänge schon sein Werk erledigt haben müßte. Abendfüllend büßt er Würze ein und Schärfe.
Daran krankt offenbar auch dieses an sich so putzgesunde Vergnügen. Zuerst lacht man sich scheckig, kann man den Hals von den exorbitanten Späßen dieser Wildwest-Tschechen nicht voll kriegen. An Erfindungsreichtum, an entlarvender Albernheit gebricht es ihnen gewiß nicht. Dann aber läuft sich ihr parodistischer Frohsinn fest.
Trotzdem: Freunde und Feinde des »Western« sollten dies sehen. Man weiß, abgesehen von den vielen tolldreisten Einfällen, am Ende viel besser über den Wildwestfilm, seinen Spaß und seine natürliche Idiotie Bescheid.
F. L.: Parodie auf den Western
Die Welt, 19.2.1966