Per qualche dollaro in più (Für ein Paar Dollar mehr)
Der berüchtigte Bandit El Indio flieht aus dem Gefängnis. Das Kopfgeld von 10.000 Dollar lockt zwei Kopfgeldjäger auf seine Fährte, den ehemaligen Konföderierten-Colonel Mortimer und Manco, einen schweigsamen Mann mit Poncho. Als sie herausfinden, dass sie dasselbe Ziel haben, schließen sie sich zusammen. Manco kann sich in die Bande einschleusen, doch trotz sorgfältiger Planung können die beiden nicht verhindern, dass El Indio eine Bank ausraubt und entkommt. Doch so schnell geben Manco und Mortimer nicht auf. Manco folgt der Bande und kann sich erneut das Vertrauen El Indios erschleichen. Zusammen mit Mortimer schafft er es sogar, die Diebesbeute an sich zu bringen, doch sie werden erwischt und zusammengeschlagen. El Indio lässt sie jedoch frei in der Hoffnung, dass die Kopfgeldjäger und der Rest seiner Bande sich gegenseitig umbringen, denn er will das Geld für sich allein haben. Am Ende stehen sich El Indio und Mortimer im finalen Showdown gegenüber. Der Colonel hat noch eine ganz persönliche Rechnung mit dem Banditen offen.
El Indio, an infamous bandit has ecaped from prison and has a 10,000 Dollar bounty out on his head. Two bounty hunters are drawn into the chase by the high bounty. Mortimer, an ex-Confederate Colonel and Manco, a strong, quiet man with a poncho. After realizing that they are after the same prey, they band together and Manco smuggles his way into El Indio’s gang. Despite careful planning, the two aren’t able to prevent El Indio from robbing a bank and escaping. But Manco and Mortimer don’t give up that easily. Manco follows the gang and regains El Indio’s trust. Together with Mortimer he manages to get the stolen money back, but they are soon caught and beaten up. El Indio releases them, hoping that the bounty hunters and the rest of his gang will kill each other, so he can keep the loot for himself. At the final showdown between El Indio and Mortimer, it becomes clear that the Colonel has a very personal score to settle with the bandit.
Sergio Leone hat bereits vor knapp einem Jahr mit seinem ersten Versuch Für eine Handvoll Dollar erhebliches und berechtigtes Aufsehen erregt. Mit Methoden effektvoller Brutalität. Kaum vorstellbar, daß er sich noch übertreffen könnte. Doch hat er es getan. Sein neuer Film ist ein einziges, vernichtend wirksames Trommelfeuer auf letzte Reste von Wildwestromantik.
Karl-May-Filme sind, damit verglichen, Abenteuermärchen für gutmütige Knaben. Der amerikanische klassische Western mutet dagegen wie historischer Heimatfilm mit stets sanft wehender Humanitätsflagge an. Hier jedoch gibt es keine Helden, keine Spur von Glanz, nicht die Andeutung eines Gefühls nur Killer, Dreck und Blut.
Dieses Geschäft wickelt Leone ebenso raffiniert wie kaltblütig ab. Er ist ein Meister am Schneidetisch denn erst dort sind die phantastisch blitzschnellen Feuergefechte entstanden. Da er außerdem nicht den mindesten Wert auf dekorative Schönheit legt, bekommen seine Bilder kontrastreiche, effektvolle Farbtöne. Hinzu kommt sein ausgeprägter Sinn für letzte Ausrottungsinstinkte.
Sein Hauptkiller, von Clint Eastwood wirkungsvoll dargestellt, ist ein leise, lauernd und schmierig wirkender Vernichter; keinesfalls, auch nur andeutungsweise, sympathisch. Nur eben, daß seine Gegenspieler noch weit schmieriger, gemeiner und hinterhältiger wirken, wahre, bis ins Groteske verzerrte Galgenvögel, denen garantiert niemand eine Träne nachweinen wird, wenn sie unter wilden Zuckungen von der Darstellerliste, vermittelst Colt, radiert werden.
Ein Film, der in geradezu verblüffender Weise wie ein Zeitsymbol dieser Welt, der Kinowelt zumindest, anmutet. Er ist wie Synthese aus den brutalsten Leinwandbanditen in Cangaceiro-Manier und einem völlig unparfümierten, sexfernen James Bond. Da kommt kaum einer mit heiler Haut und klarem Kopf davon auch die Zuschauer werden reihenweise gekillt.
HHK: Für ein paar Dollar mehr
Münchner Merkur, 28.3.1966
Die Gangster halten Kriegsrat in einer verlassenen Kirche. Zwischen Pferdesätteln steht verloren eine Putte. Schwarzlockige Gauner laben sich an kaltem Fleisch. Aus einem Haarbüschel heben sich elegisch Klaus Kinskis edel-finstere Züge. Barocke Architektur, Bilderbuchschurken und Wildwest-Requisiten gruppieren sich zu einem prächtig italienischen Bild. Diese Szene ist nicht als einzige unamerikanisch in Sergio Leones Western, aber sie ist die einzige, die auffällt. Man ist nicht gehalten, sich an pathetischen Landschaftsbildern zu ergötzen, man wird nicht mit der amerikanischen Spielart von Sentimentalität, der »rauhen«, belästigt, man wird auch nicht mit versteckter Ideologie versorgt, man erhält das alles nicht, was den Western als amerikanische Spezialität ausweist, statt dessen sieht man ein grandioses Ritual des Schießens. Die Revolverhelden übertreffen sich gegenseitig an Langsamkeit. Lee Van Cleef trägt sein Schießeisen quer vorm Bauch. In einer Satteltasche hat er eine ganze Kollektion von Flinten, darunter ein lustiges Ding, das immer erst aus seinen Einzelteilen zusammengeschraubt werden muß auch das dient dazu, die umständlichen Vorbereitungen auszukosten, zum feierlichen Akt aufzuwerten. Er schmaucht gemütlich sein Pfeifchen, er ist ein Spezialist, ein Eigenbrötler, Typ des Raritätensammlers, und so betreibt er auch sein Geschäft: Stück für Stück die Gangster erlegend, wie ein Großwildjäger auf der Jagd nach seltenen Tieren. Clint Eastwood stakst gemächlich daher, läßt den einen Arm steif herunterbaumeln, den Kopf hält er abwartend schräg, die Augen sind zugekniffen, die Mundwinkel ziehen sich etwas schmerzlich herab, der struppige Bart macht das Gesicht verwaschen, ausdruckslos. Es gibt wohl keinen Westernhelden mit so wenig ausgeprägten Gesichtszügen. Sergio Leone kann darauf verzichten, denn er appelliert nicht an optische Heldenklischees, er definiert seine Personen durch Schießkünste. Wenn Clint Eastwood mit verhangenem Gesicht in den Kampf schreitet, hat er in seine Lässigkeit alles hineingelegt, was andere Schützen als Ablenkungsmanöver inszenieren. Mit anderen Worten: selbst das Palavern vor dem Griff zum Revolver, das Reizen und Provozieren, ist in Aktion überführt. [...]
Das Anschleichen, Abtasten, das Einkreisen, das feierlich-gespannte Zeremoniell der Vorbereitungen, das Hochtreiben der Spannung bis zur Unerträglichkeit und die Entladung im befreienden Kugelhagel, hat den Charakter einer sexuellen Ersatzhandlung. Die Lust am Vollzug des einen Vorganges läßt auch bei vielfacher Wiederholung nicht nach, im Gegenteil, sie steigert sich zum Zwang. Während der gewöhnliche Western erotische Attraktionen auf Rollenträger verteilt herbe Männlichkeit einerseits, kameradschaftliche oder verworfene Weiblichkeit andererseits , die dann auch sozial, und sei es klischeehaft, fixiert werden müssen, inszeniert Sergio Leone die Erotik des Kugelabtauschs. Damit entgeht er dem Zwang, die Klischees der Gattung verarbeiten zu müssen und mit den Amerikanern in Konkurrenz zu treten. Er liefert pure Aktion. Den Mustern des Western unterlegt er die Struktur erotischer Handlungen, vielleicht entdeckt er nur, was immer für den Western galt man müßte das untersuchen : den Revolverkampf als Liebesakt.
Werner Kließ: Das Ritual des Schießens
Der Film, Nr. 6, Juni 1966