Der Kaiser von Kalifornien
Der Drucker Johann August Suter wird Mitte der 1830er Jahre wegen der Herstellung politischer Flugblätter von der badischen Staatspolizei verfolgt. In einer scheinbar ausweglosen Situation gefangen, denkt Suter an Selbstmord. Da erscheint ihm in einer Vision ein Fremder, der ihm den Weg nach Amerika weist. Ohne Frau und Kinder wandert Suter aus. Im neuen Kontinent angekommen, zieht es ihn gen Westen. Nach einem Gewaltmarsch gelangt er schließlich zur Westküste, wo er von der mexikanischen Regierung ein großes Stück Land erhält und erfolgreich bewirtschaftet. Doch dann wird Gold gefunden und die Gier lässt die Menschen ihre guten Sitten vergessen. Suters Söhne, die ihm inzwischen mit seiner Frau gefolgt sind, werden im Kampf ums Gold getötet. Als Suter sein Eigentumsrecht verteidigen will, wird dieses angezweifelt. Auch nach einem Urteil zu seinen Gunsten weigern sich die Goldsucher, ihre Funde an Suter abzugeben und es kommt zu einem Aufruhr, an dessen Ende Suters Besitz in Flammen steht.
Printer Johann August Suter is hunted down by the state police of Baden for printing political pamphlets. Being in a seemingly hopeless situation, Suter considers committing suicide. But in a vision, a stranger appears to him pointing towards America, and he decides to leave his wife and children behind and emigrate to the New World. Upon his arrival, he is immediately drawn to the West. After a long and difficult journey, he finally arrives at the West Coast and is able to successfully cultivate a piece of land he receives from the Mexican government. When gold is found, greediness overrides people’s good morals and Suter’s sons are brutally murdered in the battle for land and gold. Suter defends his ownership of the land, but it is challenged. Even after a judgment in his favor, the prospectors refuse to pass over their gold to Suter. A riot brakes out and in the chaos, Suter’s home is engulfed in flames.
Trenker ist Autor, Regisseur und Hauptdarsteller in einem. Seine markige, männliche Erscheinung, sein ausdrucksvoller Kopf beherrschen den Film. Neben ihm treten die anderen Mitwirkenden zurück, obgleich besonders Viktoria von Ballasko als Suters Frau eine eindringliche und herzinnige Leistung vollbringt. Unter den vielen weiteren Mitwirkenden sind zu nennen Zesch-Ballot, Frank, Pasch, Berta Drews, Golling, Marlow, Reithofer, sowie Bernhard Minetti.
Dieser ist »der Fremde«, eine Erscheinung, die zweimal in Suters Leben eingreift, ihn zum ersten Male vom Selbstmord zurückhält, um ihm die Weiten der Welt zu zeigen, die auf ihn warten (der Vergleich mit einer höchst wichtigen Szene aus Faust drängt sich auf), zum zweiten, um ihm abzuraten von seinem vergeblichen Kampf gegen das Gold und prophezeiend aufzuzeigen, was die Welt schafft. Hier ist einzuwenden, daß der Text mißverständlich ist. Bauer und Scholle, Blut und Boden sind die Basis der Entwicklung der Menschheit gewesen und werden es immer sein. Die Weizenmeere Kaliforniens und die Rinderherden von Texas waren die ursprünglichsten Grundlagen der Entwicklung Amerikas; das Gold ist nur dann produktiv, wenn es dem natürlichen Anbau dient, und wird zerstörend, wo es zum Selbstzweck wird.
Die Grundidee von dem Streiter, der sein Recht verficht »und wenn die Welt voll Teufel wär«, von den guten Werken, die nicht untergehen können und letzten Endes die Entwicklung bestimmen, ist von hohem ethischen Wert. In ihr liegt die tiefe Bedeutung dieses Films, der somit über das Kulturhistorische hinweg zum philosophischen Wertungsdokument wird.
Nach den breitgezogenen Szenen der ersten Hälfte, die jedoch vornehmlich photographisch Wundervolles bietet (die Jagd den Turm hinauf, der Ritt durch die Sandwüste, die Vision eines Meeres, entstanden aus flirrenden Sandwellen und dann die unendliche Fruchbarkeit Kaliforniens), wirkt der letzte Teil in seiner geballten Dynamik und Dramatik ungeheuer eindrucksvoll. Trenker arbeitet mit Krassheit (der Tod der beiden Knaben, das Hängen des Hauptschuldigen, wobei eine Dirne halb amüsiert, halb gelangweilt zuschaut), aber er reißt mit und vergißt niemals seinen hohen Vorsatz.
Schneider: Der Kaiser von Kalifornien
Lichtbild-Bühne, Nr. 169, 22.7.1936
So wie schon bei Der verlorene Sohn stehen wir auch hier wieder vor einer Filmschöpfung allerbester Klasse, sowohl wegen der Absichten, die sie verfolgt, wie wegen des mitreißenden Tempos, das sie beseelt und schließlich wegen der gewaltigen und genialen Gestaltung des behandelten Themas. Der Film Kaiser von Kalifornien weist eigentlich eine eigenartige Parallele mit Der verlorene Sohn auf. Sowohl in diesem wie in jenem Film wandert ein Deutscher nach Amerika aus, aber die Beziehung (das Verhältnis) ist umgekehrt: Es geht nicht mehr um das Verlassen des heimatlichen Dorfes für den Daseinskampf im Weltgetriebe, sondern das Aufgeben des städtischen Kampfes für die Eroberung eines Stück Landes. [...] Trenker ist ein großer Dichter, ein großer Techniker und ein großer Darsteller des Films, für den er ein ungestümes panisches Empfindungsvermögen und eine Art unbändigen odysseischen Eifers aufbringt. Während er kleine wichtige Details beseelt und ihnen Leben gibt, verliert er nicht die Übersicht über das Ganze und läßt die monumentale Synthese, die er erzielen will, nicht außer Acht. In meisterhafter Weise versteht er, die Suggestion des in der Natureinsamkeit versunkenen Individuums mit derjenigen der Beherrschung des Einzelindividuums über die Massen und deren Auflehnung dieser letzteren gegen den einzelnen abzuwechseln. Allein die Ausmaße der Taten und Geschehnisse, die er in einen Film hineinzwingt, führen ihn unwillkürlich dazu, eine derartige Vielgestaligkeit zu ersinnen, daß dadurch sogar die großen Kaliber der amerikanischen Filmproduktion in den Schatten gestellt werden; doch weder das »Kolossale«, das »Metier« und die Virtuosität noch Effekthascherei sind bei Trenker Selbstzweck. In Trenkers Bemühen, in Trenkers Anstrengungen liegt etwas Homerisches, und der Film gewinnt für ihn den Wert einer Dichtung. Dem Kaiser von Kalifornien wohnt ein unwiderstehlicher Dynamismus inne, eine Aufeinanderfolge von Aufnahmen in immer neuen Einstellungen, die von seltenster Wirksamkeit sind, ganz gleich ob sie zur Schilderung der Natur und zur Hirtendichtung verwandt werden oder ob sie bestehende Bilder von Ruinen und Vernichtung, von höllischem Tumult und Feuerbrünsten abgeben. Der Film Kaiser von Kalifornien, dessen Außenaufnahmen zum Teil in Toskana zwischen Meer und Maremme gedreht wurden, bietet ohne Sparsamkeit, in gewagten Bildausschnitten und in immensen panoramischen Aufnahmen bezaubernde Landschaftsbilder. Um ihrer Schönheit zu huldigen, hat Trenker (in solche Bilder verliebt) hie und da das Tempo seiner Handlung verlangsamt, doch der Zuschauer merkt nicht einmal dieses momentane Nachlassen der dramatischen Intensität.
Gino Damerini: L'imperatore della California
Gazetta del Popolo (Turin), 30.8.1936
Zit. nach: Italiens Presse über Trenker-Film
Film-Kurier, Nr. 206, 3.9.1936