Straßenkampf in Hamburg mit einem Schuss Romeo und Julia: Otto Westermann ist der Boss der Hamburger Unterwelt . Doch als der italienische Gangster Luca Messina samt Anhang aus den USA auftaucht, wird seine Welt jäh durcheinandergewirbelt, denn Messina beansprucht die Vormachtstellung in der Stadt für sich. Im darauf folgenden Bandenkrieg werden sämtliche Register des Action-Krimis gezogen, auch die asiatische Kampfkunst kommt zum Zuge. Kompliziert wird das Ganze, als Westermanns Sohn und Messinas Tochter sich ineinander verlieben. Am Ende liefern sich die zwei Kontrahenten in einer Bootsjagd durch den Hamburger Hafen ein ausgedehntes Showdown, an dessen Ende nur einer übrigbleibt. Doch der nächste Gegner wartet schon.
A battle between two organized crime bosses in
Wer sich diesen neuen deutschen Film ansieht, erhält einen ungefähren Überblick über das, was in den letzten anderthalb Jahren an der Kinokasse Geld gebracht hat: ein bißchen Mafia (ein amerikanisch-sizilianischer Gangster will sich in Hamburg niederlassen), eine Kostprobe von Hongkong-Karate, eine ausgiebige Autoverfolgungsjagd (ohnehin eine Pflichtszene für jeden halbwegs aufwendigen Krimi), die in eine Motorbootverfolgungsjagd (James Bond: Leben und sterben lassen) übergeht, das alles hin und wieder garniert mit Sex-Szenen vollbusiger Mädchen, und zu guter Letzt eine echte, wahre »Love-Story« (mit Anklängen an »Romeo und Julia«) zwischen den beiden jüngsten Kindern der beiden sich bekämpfenden Gangsterbosse. Die unfaßbare Naivität und Hilflosigkeit, mit der das alles zusammengebastelt und inszeniert ist [...] machen den Film schon beinahe wieder sehenswert.
R. T.: Zinksärge für die Goldjungen
Der Tagesspiegel (Berlin), 9.12.1973
Das mit Paten-Schielblick und Hongkong-Filmanleihen gemachte Lichtspiel tut, als sei es eine kriminologische Aufdeckungsaktion. Es ist aber nur ein rüdes Spektakel, dessen Spannung sich wegen der geheimnisfreien Durchschaubarkeit der Vorgänge und der monotonen Folge von Mord und Rachemord rasch abnutzt. Es mag stimmen, daß Gewalt in Gangsterkreisen als bestes »Allheilmittel« gilt und alternative Reaktionsweisen und Konfliktlösungen Mangelware sind. Und es ist auch nur zu wahr, daß Aggression und Gewalt Merkmale unseres gesellschaftlichen Gefüges sind. Trotzdem geht es nicht an, eine selbst an punktuellen Informationen arme Kinogangsterei wie Rolands Film gleichnishaft für das heutige Gesellschaftsbild zu nehmen. Schließlich gibt es zwischen unterhaltsamem Aufzeigen und kritischem Bewußtmachen mehr als nur einen Unterschied. Filme in Rolands Manier sind keine »gesellschaftsorientierten Erziehungsmittel«. Sie tragen nichts zum notwendigen Abbau von Gewaltstrukturen auf vielen gesellschaftlichen Ebenen bei, sondern verlocken vielmehr selbst mit ihren unrealistischen Überdrehungen noch zum »Erlernen von Gewalt«. Unerwähnt soll auch nicht bleiben, daß Rolands Film eine geradezu groteske Fremdenfeindlichkeit innewohnt, indem er nämlich so tut, als sei die hausgemachte Kriminalität immer noch »besser« als jedes noch so kleine »mafiose« Einsickern.
Günther Bastian: Zinksärge für die Goldjungen
Film-Dienst, Nr. 26, 25.12.1973
Der Schatten Shakespeares stiehlt sich in die deutsche Unterwelt, in diesem dumpfen und blutrünstigen Filmchen, das einen Kampf zwischen rivalisierenden Banden in eine Art groteske Parodie der Geschichte Romeos und Julias verwandelt. Die Montagues sind die Männer Hans Werners, eines teutonischen Paten, der alle heimlichen Laster in Hamburg kontrolliert; die Capulets gruppieren sich um einen Konkurrenten made in USA namens Luca Messina, der aus Amerika kommt mit der Absicht, Werners profitables Imperium zu erobern [Anm. d. Red.: Otto Westermann wird in der italienischen Fassung Hans Werner genannt]. Der Krieg zwischen beiden Gruppen entflammt auf der Stelle mit einer ungeheuren Verschwendung der Mittel. Gedreht mit beschränktem filmischen Können und wenig Fantasie, hat der Film den Tonfall einer echten Farce, in seinen Irrungen, den ungewollten Verwechslungen von Söhnen und Töchtern und im maßlosen Überschlagen verminter Autos. Das Resultat wäre durchaus lustig, würde der ordinäre Geschmack und die bluttriefende Monotonie daraus nicht einen der deprimierendsten Reinfälle der Saison machen.
R. P.: Il re della mala
Corriere della Sera, 3.8.1974