Verfilmung von Puccinis Oper um Liebe, Eifersucht, Intrigen und Betrug. Rom, zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Der entflohene politische Häftling Cesare Angelotti kann bei dem Maler Cavaradossi in der Kirche Sant' Andrea della Valle Unterschlupf finden. Scarpia, der Chef der Polizei, schöpft Verdacht und foltert Cavaradossi, der aber schweigt. Da nimmt sich Scarpia dessen Geliebte, die Sängerin Tosca, vor. Um Cavaradossi vor der Hinrichtung zu retten, geht sie zum Schein auf Scarpias Wünsche ein, sich ihm hinzugeben, stößt ihm aber im entscheidenden Moment einen Dolch in die Brust. Aus der vereinbarten Scheinexekution des Malers wird tödlicher Ernst, denn Scarpia hat heimlich, entgegen der Abmachung mit Tosca, die Erschießung Cavaradossis angeordnet. Als der ermordete Scarpia gefunden wird, verfolgt man Tosca, die sich von den Zinnen des Castel St. Angelo stürzt.
A film adaptation of Puccini’s opera about love, jealousy, intrigue and deceit: Set in Rome, at the beginning of the 19th century. Political prisoner Cesare Angelotti escapes and convinces Cavaradossi, a painter, to help him hideout in the Sant’ Andrea della Valle church. The police chief, Scarpia, becomes suspicious and begins torturing Cavaradossi but is not able to wring anything out of him. Scarpia then turns to Tosca, a singer who is also the painter’s lover. To save Cavaradossi from execution she superficially appears to give in to Scarpia, only to kill him with a dagger at a vulnerable moment. The planned mock execution of the painter then turns into a deathly reality, since Scarpia had already secretly arranged for Cavaradossi to be shot. When the murdered Scarpia is found, a hunt for Tosca begins, who kills herself by jumping from the parapets at the top of Castel St. Angelo.
Tosca wurde von Renoir begonnen und von seinem treuen Assistenten Carl Koch zu Ende geführt, der vor vielen Jahren unter anderem einen zarten Film über eine Gruppe von Kindern gedreht hat. Renoir hatte das Stück Sardous wie einen dichten und romanhaften Kern gesehen, um den herum man die majestätischen Kulissen und die prachtvollen Requisiten des Roms zu Beginn des 19. Jahrhunderts ausgebreitet hätte; soweit es möglich war, blieb Koch diesem ursprünglichen Entwurf treu und hat dieser komplexen Produktion Gewicht und Bedeutung verliehen. Arata hat ihm mit seiner Kameraarbeit die denkbar wertvollste Unterstützung angedeihen lassen, wie man bei den äußerst schwierigen Nachtbildern der Engelsburg sehen kann oder den besonders gelungenen römischen Außenaufnahmen; und die offensichtlichsten Verdienste der Regie Kochs sind, neben den Bildern an sich, die immer angemessenen und nie überflüssigen Kamerabewegungen. Das Drehbuch wies in seiner endgültigen Fassung manche nicht notwendigen Ausschmückungen auf; und Koch hätte aus dem so bekannten Drama der Floria Tosca noch bewegendere Akzente herausholen können, hätte er als Protagonistin eine passendere Schauspielerin zur Verfügung gehabt [...] Unter den verschiedenen Episoden sind besonders die zu nennen, mit denen der Film beginnt und endet. Der Galoppritt der beiden weißen Reiter durch die Straßen Roms inmitten der nächtlichen Stille, ihr Einlass in der Engelsburg, die Flucht Angelottis in der blassen Morgendämmerung, all dies ist meisterhaft dargestellt; und die schleichende Morgendämmerung, die die letzte Cavaradossis sein wird, ist eine nicht minder bewundernswerte Sequenz, die überhaupt kein »Lucean le stelle« aus den Lautsprechern nötig gehabt hätte. Der Film ist mit großer, manchmal pompöser Genauigkeit inszeniert, und es wurde eine perfekte Nutzung aus vielen Elementen gezogen, die zum Rom des 19. Jahrhunderts gehören.
Mario Gromo: La Tosca
La Stampa, 22.2.1941
Die berühmte Oper Giacomo Puccinis hat hier ihre Filmform gefunden, vier Jahrzehnte, nachdem sie ins Leben der Bühne trat.
Wenn eine Oper überhaupt der Form des Films gewonnen werden kann, so ist es hier in anerkennenswerter Art geschehen und zwar auf eine Art, die die Opernfreunde, die das Opernwerk möglichst in seiner ihnen von der Bühne her vertrauten Form auch von der Filmwand her zu erleben wünschen, als auch Filmfreunde anspricht, die Gegner jeder Veroperung des Films sind und die mit Recht der Meinung sind, daß die Art einer Oper unverändert eben noch weniger auf die Filmszene zu übertragen ist als die eines Sprechdramas, da sie dem Stil des Films ihrer Natur nach zuwiderläuft.
Wie hat es nun der Schöpfer dieses »Tosca«-Films zuwege gebracht, dennoch das Unverlierbare an Puccinis Oper auch im Film so zur Darstellung und Wirkung zu bringen, daß der Freund der Oper das Opernerlebnis hat und der Freund der filmischen Ausdruckskunst das Filmerlebnis und daß darüber hinaus beide das Gesamtwerk als ein geschlossenes Ganzes in ihrer Erinnerung bewahren können? Die Antwort darauf hört sich leicht an, die Arbeit, die zu der gefundenen Lösung geführt hat, war es jedoch bestimmt nicht.
Karl Koch, der mit italienischen Künstlern zusammen den Film schuf und sich mit dieser Arbeit vorteilhaft als blick- und stilsicherer Regisseur einführt, kam es vor allem darauf an, einen einheitlichen Film zu gestalten. Er wählte also nicht den Weg, der sonst mit wenig Glück häufig eingeschlagen wurde, nämlich den Weg der modernen Handlung, in die die Opernhandlung mehr oder minder geschickt eingeflochten ist; vielmehr bekannte er sich von vornherein resolut zur Verfilmung der Opernhandlung, also zur Verfilmung der Handlung von Victorien Sardou, die der Oper zugrundeliegt. Diese Handlung der Oper ist dem Film getreu so erhalten geblieben, daß kein Opernfreund im Film auch nur einen ihrer Züge vermissen wird. In Erkenntnis der Tatsache, daß eine realistische dramatische Handlung im Film aber nicht die Operngeste und vor allem nicht die Arie verträgt, die zum Wesen der Oper ja gehört, hat Karl Koch darauf verzichtet ohne aber allerdings damit in wesentlichen Zügen auf das Musikerlebnis zu verzichten, das die Opernarie vermittelt: An den Höhepunkten der Handlung hat auch die Musik, hat auch der Gesang seine bewegende und entscheidende Rolle aber wir hören die von der Opernszene vertrauten Klänge so, daß die Macht der Töne zum Stil des Filmbildes paßt, die Musik überglänzt gleichsam die Vorgänge wie ein ferner Schimmer, sie tritt nicht als Operngesang in den Vordergrund, auf jeden opernhaften Auftritt ist verzichtet worden. [...]
Es entstand hier eine Arbeit, die keine verfilmte Oper, sondern stets ein Film sein will, dem Handlung und Musik der Oper wohl das Gepräge geben, ohne daß der in anderen Gefilden der Kunst heimische Opern still (bis etwa auf die für Filmbegriffe allzu kraß angelegte Schlußszene) in den Film übernommen wurde.
Karl Kochs Inszenierung gibt den dramatisch bewegten Bildfolgen des ernsten und oft nervenrüttelnden Geschehens stets den Akzent des malerisch-düsteren Stimmungsmoments, das die Illusion, nicht nur ein Abbild der aufgesuchten Welt vor sich zu haben, sondern die Zeit und ihre Welt selber, mit suggestiven Mitteln hervorruft.
Felix Henseleit: Tosca
Film-Kurier, Nr. 127, 3.6.1942