Kölsch-italienische Komödie: Francesco ist vor dreißig Jahren mit der Familie nach Deutschland gekommen und betreibt mit seiner Frau Severina und seinen vier Kindern ein italienisches Restaurant in Köln. Seine Tochter Rita will den Sohn des Kölner Brauereibesitzers Zach heiraten, der auch Francescos Geschäftspartner ist, und ein eigenes Restaurant eröffnen. Sein bester Freund Karlheinz leidet an seiner zerbrochenen Ehe. Da kündigt sich der greise Padrone Massimo, Schutzherr und Geldgeber der Familie, aus Italien an. Er macht Zach ein Geschäftsangebot, aber dieser hält ihn für einen Mafiosi und sprengt daraufhin die Hochzeit zwischen Rita und seinem Sohn. Als Francescos Frau herausfindet, dass er sie seit fünzehn Jahren mit der Kölnerin Hilde betrügt, entgleitet Francesco langsam die Kontrolle über sein Leben. Er flieht mit seiner Geliebten in sein italienisches Heimatdorf und richtet damit noch mehr Chaos an.
A Kölsch-Italian recipe for comedy: Francesco has lived in Germany for thirty years and along with his wife Severina and four children, runs an Italian restaurant in Cologne. Zach is his business partner and a Cologne brewery owner. Francesco’s daughter Rita and Zach’s son want to marry and open a restaurant of their own. Meanwhile, Francesco’s best friend Karl-Heinz is suffering from marriage problems. In the middle of this situation, Massimo, financier and patron of the family, pays a visit. He makes a proposal to Zach, which the latter regards as mafia methods and in consequence demolishes Rita and his son’s wedding plans. And when Francesco’s wife finds out that he has been cheating on her for the last fifteen year with bar owner Hilde, Francesco slowly loses control. He runs away with Hilde to the Italian village where he grew up, which leads to even more chaos.
Klaus Emmerich erzählt die Geschichte eines orientierungslosen Familienvaters an der Schnittstelle von italienischer und kölscher Mentalität, wobei er auf der Basis einer turbulenten Typenkomödie auf griffige Erzählmuster und auch auf manches Klischee zurückgreift letzteres durchaus bewußt, weil für Emmerich ein Klischee der Wahrheit wahrscheinlich am nächsten kommt. Da wird vor allem in der ersten Hälfte des Films nach Herzenslust gebrüllt, geschrien und getobt, und der spielfreudig aufgelegte Mario Adorf kann in seiner ganzen Leibesfülle den Archetyp eines schmierig-charmanten Italieners mit Familien- und Geschäftssinn und rheinischem Akzent breitflächig ausspielen. Wer diese anfänglich obendrein auch noch etwas atemlos geratenen Szenen erträgt, der wird zunehmend mit leiseren Zwischentönen belohnt, die sich folgerichtig entwickelt hinter den extrovertierten Typen zu erkennen geben. Da schimmern plötzlich Träume, Verstörungen, Ängste und Enttäuschungen durch, wird Francescos Odyssee zu einer Reise der »Selbstreinigung«, die er dank einer starken Ehefrau zu einem (vorläufigen) Ende bringt. Vor allem sind es die Nebenfiguren, die sich aus den engen Klischees befreien und Konturen gewinnen: die stets duldende Hilde, der »schlichte« Freund Karlheinz und auch der vermeintlich so engstirnige »Padrino«, der mit unerwartetem Einfühlungsvermögen, Wärme und Verständnis die Geschicke der Personen zu lenken weiß. Wer vom Kino nur »große« Kunst und hohen Anspruch erwartet, sollte eher einen Bogen um Pizza Colonia machen; wer aber Sympathie für eine kleine Geschichte mit Witz und Lokalkolorit aufbringen kann, der wird auch zu würdigen wissen, wie selten solche Geschichten im deutschen Kino geworden sind.
HPK: Pizza Colonia
Film-Dienst, Nr. 22, 29.10.1991
Mama mia. Mario Adorf als italienischer Pizza-Bäcker, was für ein origineller Einfall. Und dann diese schreckliche Familie dazu, laut, hektisch, geldgierig, wie sie eben sind, die Italiener, die hierzulande ihre belegten Teigscheiben an den Mann bringen wollen. Und Opa sieht aus wie ein Mafia-Boß, benimmt sich wie ein Mafia-Boß, ist aber gar kein Mafia-Boß. Was haben sie sich dabei gedacht, die Macher Bernd Schröder und Klaus Emmerich, als sie in ihrem WDR-Fernsehspiel Pizza Colonia alle nur denkbaren Klischees über die Italiener aufwärmten? Der Grundeinfall, eine italienische Familie zu zeigen, ihre Probleme in Deutschland zu schildern und ihre Alltagssorgen, das ist sicherlich für einen Film gut. Wie man sich ernsthaft dieser Problematik nähern kann, zeigte einst Werner Schroeter in seiner preisgekrönten Produktion Palermo oder Wolfsburg.
In dieser Klamotte hingegen, mit einem augenrollenden, armrudernden und radebrechenden Mario Adorf, wurden die wenigen zwischenmenschlichen Gefühle durch das Handlungschaos zugeschüttet. Abgesehen von den diversen Unzulänglichkeiten der Geschichte und der Inszenierung wurde auch noch die Hälfte des Dialogs in italienisch abgespult.
Torsten Späth: Mama mia
Berliner Zeitung, 2./3.4.1994