Burleske Satire auf den Hurrapatriotismus italienischer Prägung. Während des Zweiten Weltkriegs ist Ernesto de Rossi der Kapitän eines kleinen italienischen Gemüsedampfers. Als das Schiff mit einer Bordkanone ausgestattet wird, fühlt er sich zu großen Taten berufen. Ab sofort herrscht eiserne Disziplin an Bord. Anstatt das Gemüse fristgerecht zu liefern, verfolgt der Kapitän nun in wahnhaftem militärischen Ehrgeiz lieber britische U-Boote. Der ihm als Spezialist zur Seite gestellte deutsche Unteroffizier Hans, der den echten Krieg kennengelernt hat, erweist sich paradoxerweise als der einzige Pazifist. Am Ende bleiben de Rossi nicht nur glorreiche Taten versagt, er muss auch noch auf den ruhmreichen Heldentod verzichten, als der altersschwache Kahn anstatt unterzugehen auf eine Sandbank läuft und den Möchtegern-Seehelden im kalten Wasser stehen lässt.
A satirical look at Italian patriotism: During World War II Ernesto de Rossi transports vegetables with his small steamboat. When the ship is equipped with a canon, he feels called upon to accomplish more. Suddenly, strict discipline rules on board. Instead of delivering the vegetables on time, delusions of military grandeur motivate the captain to hunt down British submarines. The German corporal Hans, who has firsthand experience in war zones, has been appointed to the boat as a specialist and is paradoxically the only pacifist on board. In the end, de Rossi’s dreams of heroism and glory are crushed when instead of the last brave war hero on a sinking ship, he is the captain of an old, worn out steamer which is grounded on a sandbank, leaving him standing in cold water.
Dem Film ging ein besonderer Ruf voraus. Ein neuer Staudte! Ein neues Werk des Mannes, dessen künstlerischer Kredit seit seinen Sowjetzonenarbeiten, zumal seit #Der Untertan#, hierzulande beinah unbegrenzt ist! Staudte also bereitet eine Komödie gegen den Krieg und gegen die Spießer, die sich dazu verleiten lassen. Da spannt man. Da macht man sich gefaßt, einmal mit internationaler Elle messen zu dürfen. Da spitzt man sich auf eine hohe Lustbarkeit.
Und nun haben wir den Film gesehen. Ein wenig kleinlaut schieben wir unsere Maßstäbe zusammen und begnügen uns wieder damit, die Kanonenserenade mit dem zu vergleichen, was wir an deutschen Filmen gewohnt sind, und dann macht sich Staudtes Opus doch recht hübsch, nein wirklich, stellenweise geradezu köstlich. [...]
Ich vermute, aus dieser Geschichte hätte sich unter Vittorio de Sicas Regie in der Tat herausholen lassen, was, siehe oben, die Absicht war. Doch de Sica spielt nur jenen Käptn. Er spielt variantenreicher als meistes. Es ist seine Rolle. Unter Staudte nun nimmt sich das Ganze auf eine vertrackte Weise so aus, als habe er eine Persiflage größenwahnsinniger Zivilisten im Sinn gehabt, die zwar vom Kriegsspiel keine Ahnung haben, aber dennoch eitel und dumm den berufenen Militärs ins Handwerk pfuschen, um auch Lorbeer ernten zu können. Die ordentlichen Uniformträger blicken daher mitleidig und indigniert auf den lächerlichen Handelsschipper herab.
Staudte hat zwar nicht versäumt, den Kommißbetrieb zu verhohnepiepeln; aber worum es ihm eigentlich ging, das wird wohl des öfteren beteuert, und man kann sich, wenn man will, seinen Vers darauf machen allein an den Bildern wird es kaum ansichtig.
Die heilsame Identifikation, die dem Moralisten Staudte am Herzen gelegen haben muß, wird weiterhin durch die vordrängende Partie de Sicas vereitelt. Der paradiert wohl mit ergötzlichen mimischen Künsten, etwa wenn er bei einer hochtrabend vaterländischen Gefallenenrede jäh, in seinen heiligsten Gefühlen gekränkt, den Gefeierten wohlbehalten und angetrunken auftauchen sieht; doch gebärdet er sich so einzigartig, daß kaum noch jemand seine Schwächen verallgemeinern wird. Auch Heinz Reincke, vom Typ bestechend genau, gibt seinem Porträt eines borstigen, kriegsmüden Unsoldaten allzu karikierende Striche. Folco Lulli hingegen wirkt so rund und ganz, wie es eine triftige Satire verlangt.
R S.: Kein neuer Staudte, aber ganz nett
Die Welt (Berlin), 1.8.1958
Mit trefflicher Ironie hat Regisseur Wolfgang Staudte hier die gefährliche Verlockung bunter Uniformen und klimpernder Orden geschildert; und das gespreizte Pathos des geckenhaften Seefahrers parodiert wirkungsvoll die allzu großen Worte, mit denen man andernorts die rauhe Wirklichkeit des Krieges zu übertünchen trachtet, so daß schließlich dies amüsante Lustspiel ganz allgemein der Entlarvung menschlicher Schwächen höchst dienlich ist. Dabei vermeidet es der Film geschickt, sich selbst mit großen Worten bloßzustellen sondern lanciert vielmehr seine Angriffe gegen Krieg und Kriegsgeschrei als kleine Nadelstiche wirkungsvoll unter die Haut des Zuschauers. Wenn da etwa der Arm eines Offiziers gewohnheitsmäßig zum Mützenrand zuckt, wobei der Schoßhund seiner Freundin, den er an der Leine führt, durch einen wilden Luftsprung sich vor dem Erwürgen schützt; wenn auf einer großen Tafel blinkende Lichter von der Alarmbereitschaft der gesamten Küste künden und die angenehme Stille in einem kleinen Küstenwinkel militärisch knapp erklärt wird: »Da ist die Birne durchgebrannt!«; wenn Kapitän de Rossi stolz im Glanz einer weißen Uniform einherstolziert, die vormals einen Eisverkäufer zierte in all diesen Fällen wird die schimmernde Fassade durch einen kleinen Zusatz der Lächerlichkeit preisgegeben. Und gerade weil es scheinbar absichtslos und »ganz nebenbei« erfolgt, ist die Wirkung letzten Endes umso nachhaltiger.
Dieter Krusche: Kanonenserenade
Filmforum, Nr. 9, September 1958
Sie waren mit Blindheit geschlagen: die Kleingläubigen und Miesepetrigen, die Miesmacher und Besserwisser, die in den dramaturgischen Büros der Filmgesellschaften verbissen nach wirklich spaßigen Themen fahndeten. Mit einem Schlag hat ihnen den Defaitisten die westdeutsche UFA die Augen geöffnet. Nun jubelt! Blieb es doch der UFA vorbehalten, einen rundum heiteren Filmstoff ausfindig zu machen, nämlich den Seekrieg in den Gewässern des Mittelländischen Meeres zwischen 1939 und 1945. Zu bedauern ist jeder, dem solch karnevalistischer Mummenschanz im entfernten Zusammenhang mit einem im großen und ganzen nicht sonderlich amüsanten zwoten Weltkrieg entgehen konnte. Der einmütige Kommentar zu diesem Seekrieg wird wie die UFA offenbar vermutet vom Admiral bis zum Bootsmannsmaat in die Worte gekleidet: »Ham wir jelacht!«
Der Seekrieg in den Atelierteichen der UFA wird unter dem poetischen Namen Kanonen- Serenade ausgefochten. Angeheuert für die Regie wurde, was man eigentlich kaum glauben sollte, Wolfgang Staudte. Selbst die Filmkritiker der Westpresse ließen leise durchblicken, daß Staudte früher schärfere Filme gemacht habe. In dem Punkt können wir in der Tat nicht widersprechen.
Carl Andrießen: Der niedliche Seekrieg
Die Weltbühne (Berlin/DDR), Nr. 37, 10.9.1958