Unverhofft Mutter: Marie Bonnard, eine junge Frau, die in einem strengen Internat aufwächst, findet ein ausgesetztes Baby und wird fortan für die Mutter gehalten. Obwohl sie sich zuerst dagegen wehrt, möchte sie bald gar nicht mehr ohne den kleinen Max leben. Als sie wegen der fragwürdigen Situation aus dem Internat geworfen wird, quartiert sie sich ins feudale Hotel Bristol ein. Das kann sie sich zwar gar nicht leisten, doch wird sie zunächst für eine feine Dame gehalten. Ihre Versuche, als Staubsaugervertreterin oder Mitarbeiterin eines Auktionshauses Geld zu verdienen, scheitern kläglich. Doch lernt sie dabei den reichen Alexander Berkhoff kennen, der nichts Vernünftiges mit seinem Leben anzufangen weiß und vom Geld seines Vaters lebt. Nach einigen turbulenten Verwicklungen steht der Gründung einer kleinen Familie nichts mehr im Wege.
Das Busch-Kino hatte mit der KLEINEN MUTTI einen großen Erfolg. Man muß nur am Anfang über eine kleine Unmöglichkeit hinweggehen, wie nämlich das Pensionsmädel Marie Bonnard von der eigenen Tante und Pensionsvorsteherin, die doch wissen mußten, wann und wo sie Gelegenheit hatte, ein Kind in die Welt zu setzen, hartnäckig als Mutter eines fremden Kindes hingestellt wird. Sobald dieser kecke Sprung über das Hindernis der Logik gelungen ist, bereitet der Film durch komische und rührende Szenen, durch böse Verwicklungen und friedliche Lösungen ein herzliches, reines Vergnügen. Über allen Filmgrößen thronte an diesem Abend – das Baby, ein herziger, etwa einjähriger Bub, dessen Lachen und Weinen alle Frauenherzen erschütterte. Es ist sonderbar, daß ein Filmkind bei den Wiener Frauen viel mehr Anklang findet als ein eigenes.
Franciska Gaál war ein rührend hilfloses Pensionatsmädel, das von einer Katastrophe in die andere rennt, aber durch seine kindliche Naivität auch die zornigsten Gemüter entwaffnet. Großartig war diesmal [Otto] Wallburg, weil er nicht verpflichtet war, mit aller Gewalt humoristisch zu wirken, sondern der Humor sich aus der Situation selbst ergab. […]
Die beiden Lieder des Films: »Ich hab’ so Angst« und »Dir geht’s gut, mein Baby« wurden schon vor der Filmaufführung von dem Ersten Wiener Kinderorchester vorgespielt. Sie sollen nach der Versicherung des Herrn [Richard] Eybner Schlagerlieder werden. Das ist zwar möglich, gibt aber noch kein Werturteil über die Musik, die beim ersten Lied manchmal einfach mißtönend klingt. Nach der Aufführung zeigte sich Franciska Gaál und ein Teil der Mitwirkenden dem begeisterten Publikum.
Sollte das Wetter zu Ostern ungünstig sein, so braucht man nur die KLEINE MUTTI zu besuchen, um die Stimmung zu verbessern.
E. K.: Kleine Mutti
Wiener Zeitung, 20.4.1935
Franciska Gaál als KLEINE MUTTI beweist wieder, daß sie nicht nur eine der scharmantesten, sondern auch vielseitigsten Künstlerinnen des Films ist und daß ihrer Begabung nicht die Grenzen eines bestimmten Rollenfachs gesteckt sind. Man hat das impetuose Talent der Gaál als PAPRIKAMÄDEL bewundert, man hat über den FRATZ CSIBI und den Lausbuben PETER herzlich gelacht und man überrascht sich jetzt dabei, über die mädchenhaft hilflose Mütterlichkeit der Gaál in ihrem neuesten Film gerührt zu sein. Diese KLEINE MUTTI ist, wenn vielleicht auch nicht der publikumswirksamste, so unstreitig der geschmackvollste der bisherigen Gaál-Filme, der von der »Nur-Amüsier-Schablone« sichtlich abrückt. Die Geschichte von dem kleinen Mädel, dem ein Findelkind als eigenes zugeschrieben wird und das nun für das kleine Lebewesen schuftet und sich ein heiliges Recht auf dieses Kind erwirbt, hat Momente, in denen die Gaál fast in Chaplin-Nähe kommt.
H. R.: Kleine Mutti
Neues Wiener Journal, 21.4.1935
This new Francy Gaal film is as good as, if not better than, [producer Joe] Pasternak’s previous productions starring this, his Hungarian discovery. No doubt that Fancy Gaal films get the best b.o. results of all pictures made here nowadays. One of the explanations is the judicious choice of scenarios: Pasternak has taken care to show the star from a different angle in every picture, giving her versatile charm full scope. […]
[The] story, with lots of funny situations and a great many laughs, gives Miss Gaal excellent scope to desplay her acting gifts. Otto Wallburg, in the part of the irate father who softens after discovering his supposed grandson, is far better than he has been in recent parts. He has got rid of the mannerism of hurrying over bis words beyond intelligibility, and is very funny in places. Six-months-old Baby Bandy is a good choice and a great asset. Photography is excellent, putting [István] Eiben into the front row of European cameramen, and Brodsky’s music is as catchy and fascinating as always, with quite a few numbers which are sure to grow popular.
Jacobi: Kleine Mutti (Little Mummy)
Variety, 29.5.1935