Zwölf Jahre Widerstand gegen den Bau des Kernkraftwerks bei Wyhl. In Zusammenarbeit mit den Bürgerinitiativen am Kaiserstuhl schildert die Medienwerkstatt Freiburg die Chronik der Ereignisse unter Verwendung vieler Stunden Super8-, 16mm- und Videomaterial. Dabei stehen Aufnahmen von Amateur- und Profi-Filmern nebeneinander und zeigen ein Bild des Widerstands der Anwohner, die auch über Jahre hinweg nicht müde werden, gegen den Bau des Kraftwerks zu demonstrieren. Platzbesetzungen, die Errichtung eines Freundschaftshauses, die Volkshochschule Wyhler Wald und das Freie Radio Dreyeckland sind dabei nur einige Aktionen des Widerstands. Versuche der Regierung, z.B. durch Aufschiebung des Baus den Protest erlahmen zu lassen, zeigen keine Wirkung. Und so steht am Ende immer noch kein Kernkraftwerk in Wyhl.
Der Film vermag […] weit mehr, als nur bekannte und weniger bekannte Bilder Revue passieren zu lassen. In eindrucksvollen Einstellungen wird versucht, die Ängste der Bevölkerung zu erklären, sei es durch Wohnzimmer-Gespräche mit den »Kämpfern der ersten Stunde« oder durch Momentaufnahmen nach der gewaltsamen Räumung des Platzes im Wyhler Wald. Darin liegt die Stärke des Filmes.
Den erregten Äußerungen der betroffenen Bevölkerung stehen unterkühlte Worte von Politikern und Sachverständigen gegenüber. Ein Teil dieser immer wieder eingestreuten Mitschnitte, die »damals« noch Wogen der Entrüstung erzeugten, reizt heute allenfalls noch das Zwerchfell ? so geschehen bei der Uraufführung in Endingen, wo 400 Menschen in schallendes Gelächter ausbrachen, als der damals amtierende Ministerpräsident Filbinger verkündet: »Die da demonstrieren, das sind alles Extremisten und Kommunisten.«
Aus rund 40 Stunden Film- und Tonmaterial der verschiedensten Amateurfilmer haben die Leute der Medienwerkstatt einen Film zusammengestellt, der zwar vereinzelte Schwächen in der Tonqualität aufweist, der aber um so mehr durch geschickte Schnitte, Montagen und Musikuntermalungen überzeugt.
Gert-Dieter Meier: Etappen des Widerstands – Ein Whyl-Film der Medienwerkstatt: Premiere in Endingen
Badische Zeitung (Freiburg), 1.5.1982
28.000 Menschen protestierten Ende Februar 1975 in Wyhl auf dem vorgesehenen AKW-Bauplatz. »Wir kämpfen für die Zukunft unserer Kinder und die (AKW-Betreiber) für ihren Profit«, brachte in dem Film eine junge Bäuerin in unverkennbarem Kaiserstühler Dialekt auf den Punkt, was viele der Demonstranten damals empfanden. Die Proteste wurden von Bürgern aus allen Bevölkerungsschichten mitgetragen: Bauern, Winzer, Pfarrer, Beamte, Hausfrauen, Lehrer, Unternehmer und Studenten gehörten zu den Aktivisten in den Bürgerinitiativen, die sich mit großem Engagement beharrlich gegen den Kraftwerksbau in Wyhl stemmten. »Ihr werdet vor den Gerichten verlieren, aber die Geschichte wird Euch rehabilitieren«, sagte in dem Film einer der Männer voraus, die sich an die Spitze der noch jungen Anti-AKW-Bewegung stellten. Er sollte damit Recht behalten.
Nach der Filmvorführung meldeten sich einige Zeitzeugen zu Wort, die vor über 35 Jahren an den Protestaktionen in Wyhl teilgenommen hatten, und hoben die Solidarität, Bodenhaftung und Beharrlichkeit der damaligen Protestbewegung hervor. Unterschiedlich beurteilt wurde, in wieweit die von den Bürgerinitiativen propagierte Gewaltfreiheit bei den Protesten eingehalten werden konnte. Einig war man sich hingegen in der Einschätzung, dass die Proteste gegen Wyhl die Bildung von Initiativen zur Entwicklung und Umsetzung von alternativen und regenerativen Energien und Konzepten zur Energieeinsparung angeregt und ermutigt haben.
Kai Kricheldorff: Von den Anfängen des Widerstands gegen die Atomkraft
Badische Zeitung (Freiburg), 8.2.2012