Der Film entstand im Rahmen eines Auftrags des DEFA-Studios, Dokumentarfilme über Dienstleistungsbetriebe herzustellen. Im REWATEX-Werk in Berlin-Heinersdorf, wo täglich 17-18.000 Kundenaufträge erledigt werden, porträtiert Jürgen Böttcher junge Lehrlinge, die zu Textilreinigungs-Facharbeitern ausgebildet werden. Zwischen Dreckwäsche, riesigen Waschmaschinen und dampfenden Mangeln, erzählen sie von ihren Wünschen und Träumen und warum sie sich für diese Lehrstelle entschieden haben, z.B. wurden sie durch den Berufsberater, der sie auf der Straße angesprochen hat, auch entgegen ihrer eigenen Berufsvorstellung zur Arbeit in der Wäscherei »überzeugt«. Nicht immer sind sie glücklich mit dieser Entscheidung.
Regisseur Jürgen Böttcher und Kameramann Werner Kohlen sind der Spur der Wäsche nachgegangen. Sie interessierten sich für die Menschen, die uns »Dienste leisten«, uns eigene unproduktive Arbeit abnehmen und Stunden frei machen, in denen wir unseren Aufgaben Gemäßes leisten können. Der Drehstab entschied sich schließlich für das Rewatex-Jugendobjekt in Berlin-Heinersdorf. 180 Lehrlinge werden hier von erfahrenen Lehrmeisterinnen in den Beruf des Textilreinigungs-Facharbeiters eingeführt. Sie erledigen dabei 17.000-18.000 Kundenaufträge täglich.
Es ist ein verwirrendes Durcheinander und Zusammenspiel von Maschinen und Textilien, von Wasserströmen und Dampfwolken, von Riesen-Wäschetrommeln und Heißmangeln, von gleichförmigen Arbeitsabläufen – ja, und von jenen jungen Mädchen, die das Ganze im Griff haben, mit flinker Beweglichkeit und einer besonderen Haltung zwischen Keßheit und Rührmichnichtan, zwischen realistischer Sicht und idealistischen Träumen.
Das alles spürte Jürgen Böttcher auf. Auf einem scheinbar abgelegenen Feld suchte er nach dem Menschen von heute, und er brauchte dabei nicht wie weiland Diogenes am hellen Tag mit der Laterne zu suchen. Einmal an die Filmleute gewöhnt, von deren Absicht überzeugt, ein ungeschminktes Bild über ihre Ansichten und ihren Beruf zeichnen zu wollen, dem allgemeinhin nicht gerade große öffentliche Lobpreisungen gelten (mal nebenbei: manches eingelieferte Wäschestück fordert auch nicht gerade ein Hosianna heraus), waren sie vorbehaltlos bereit mitzumachen und gaben so dem Dokumentarfilm was des Dokumentarfilms ist: die ganze Fülle des Allgemeinen im Besonderen, die Echtheit in den kleinen Phantasien, den schweifenden Gedanken und im Detail – insgesamt: die Wahrheit.
Mit WÄSCHERINNEN führt Jürgen Böttcher konsequent eine sich selber gestellte Aufgabe weiter – das Gesicht der Arbeiterklasse sichtbar zu machen; auch mit Furchen und Zornesfalten. Vor allem aber mit seinem Leuchten und der unbeugsamen Gewißheit des Sieges. Es liegt im Charakter und der künstlerischen Auffassung Böttchers, daß er dies aufspürt – mit politischer Bewußtheit und subtilem Einfühlungsvermögen –, an jenen Orten, die man allgemeinhin als »die Basis« bezeichnet.
Paul Thyret: Zum neuen DEFA-Dokumentarfilm »Wäscherinnen« von Jürgen Böttcher
Filmspiegel (Ost-Berlin), Nr. 14, 1972
Ihr Beruf ist weißgott kein Parade-, kein Traumberuf. Sie stehen nicht eben auf der Sonnenseite, sondern hinter beträchtlichen Dampfwolken. Auch das Dokumentarfilmstudio hätte sie dort vielleicht nicht so bald entdeckt,wenn der VIII. Parteitag nicht unser aller Blick für den nüchternen Alltag geschärft hätte, und so »gewöhnliche« Dinge wie die Dienstleistungen für die Bevölkerung ausdrücklich zur wichtigen Staatsangelegenheit erklärt hätte – und damit natürlich auch jene, die die Dienstleistungen vollbringen.
Regisseur Jürgen Böttcher und sein ausgezeichneter Kameramann Werner Kohlert haben einen optisch intensiv gestalteten, schönen, glaubhaften, offenherzigen – einen sehr menschlichen Film gemacht. Sie überraschen den Zuschauer mit einem Stückchen unbekannten Alltags. Und sie brauchen keine versteckte Kamera, keine Überrumplung, keinen doppelten Boden. Das Überraschende stellt sich ein durch das Vertrauensverhältnis zwischen den Filmmachern und ihren Helden. Nicht Beobachter und Objekt, Partner haben es miteinander zu tun.
Die Mädchen verhalten sich ganz bewußt zur Kamera, letztlich zum Zuschauer. Diesem Vertrauensverhältnis verdankt der Film seine nüchtern harten Wirklichkeitsmomente – und Momente unmittelbarer, unverhüllter Schönheit, ursprünglicher Lebenspoesie. So in der Passage, die mit der sachlichen Reporterfrage nach dem Freund beginnt und in den knappen, kessen, oder auch romantisch verträumten Antworten der Mädchen ganz beiläufig Gefühle, Haltungen, Ansprüche offenbart, die unverkennbar hierzulande gewachsen sind.
Rosemarie Rehahn: Wäscherinnen
Wochenpost (Ost-Berlin), 11.8.1972
»Wäscherinnen« sind Lehrlinge von Rewatex: Junge Mädchen, denen man Versprechungen gemacht hat, wo man Begeisterung weckte für den so durchaus wichtigen Beruf eines Facharbeiters für Textilreinigung. Junge Mädchen, hübsch, keß, unbefangen, die ihre Illusion haben, gern träumen und die am Anfang einer Entwicklung stehen, die man Erwachsensein nennt.
Anfangs, so sagte Böttcher, schämten sie sich, hatten Angst davor, Leute, denen sie täglich begegnen, geschminkt, toupiert, in Maximantel oder Minikleid und die in ihnen vielleicht etwas ganz anderes vermuteten, könnten erfahren, daß sie eben »nur« Wäscherinnen sind.
Aber Böttcher schaffte ein Vertrauensverhältnis – das spürt man, wenn man den Film sieht – das die Angst nahm: »Wenn es schön ist, wenn man zusammensitzt, vertraut man sich auch etwas an«, und die Wäscherinnen vertrauten ihm viel an, sehr viel. Und dazu gehört nicht zuletzt Mut.
Günter Kotte: »Wäscherinnen«
Böttcher sah Lehrlingen von Rewatex ins Gesicht
Schweriner Volkszeitung, 23.11.1972