London 1944. Deutsche Truppen haben England besetzt, das Land wird von Faschisten beherrscht, ein Großteil der Bevölkerung kollaboriert mit den Besatzern. Als Partisanen mit Unterstützung der USA Gegenschläge auf dem Land ausführen, werden die betroffenen Ortschaften evakuiert. So gerät auch die Krankenschwester Pauline nach London. Ganz und gar unpolitisch, will sie nur zu einem normalen Leben zurückkehren und nimmt eine Stelle bei der faschistischen »Immediate Action Organisation« an. Als Freunde von ihr, ein antifaschistischer Arzt und seine Frau, die einen schwer verwundeten Partisanen versteckt haben, verhaftet werden, fällt Pauline in Ungnade und wird in ein beschauliches Landkrankenhaus strafversetzt. Voller Entsetzen stellt sie fest, dass dort Euthanasie an kranken Ausländern verübt wird. Sie wird verhaftet, aber von Partisanen befreit, die in ihr eine Kollaborateurin sehen.
All this is managed without the sort of embarrassment usually associated with this kind of fantasy documentary (cf. ON THE BEACH [US 1959, Stanley Kramer]). Partly this is due to stylistic self-assurance; partly to the logical care of the re-creations. The costumes, the cars, the uniforms and the streets are maintained impeccably in period. The writing shows a keen ear for the tone of everyday dialogue, or of official speeches and propaganda communiqués: one recalls especially the C.O.’s passing-out speech at the Fascist training school and the news bulletins which are heard at various points in the picture.
Some scenes are particularly admirable: the opening of the film – some of Brownlow’s original material shot an 16 mm. – turns its grainy visuals and hazy sound to effect in re-creating the half-heard, half-seen confusion of an evacuation which ends with a partisan attack. The heroine arrives in a ruined, almost deserted London which looks like a landscape out of THE TRIAL [FR/BRD/IT, Orson Welles]. German soldiers pose for snapshots on the steps of St. Paul’s and military bands manch through Regent’s Park. A newsreel brilliantly pastiches old silent film styles (including ‘news shots’ of the 1915 Christmas Truce). The best sequence is perhaps that in which, with all the understatement of cinéma vérité, a quiet country nursing home is shown transformed – without much difficulty – into an SS extermination camp.
Politically I suppose IT HAPPENED HERE has remained the film of an 18-year-old. There is no question of where the film-makers’ sympathies lie: the intention of the film is fervently anti-Fascist. At times, though, one feels that the intention might be a good deal less clear to the unconverted than to those of us who begin with an inbuilt sympathy with the film’s message. The main trouble lies in the central character who, both as a dramatic device and as a person, is too negative in conception. She becomes a Fascist out of conformism and convenience; and though this is, eventually, the most effective and the most dangerous manner of political recruitment, it is also undramatic enough, in the event, to make it difficult to argue a point from it. It is a good deal easier to make propaganda (and in the best sense this is the object of IT HAPPENED HERE) out of a more positively motivated hero or villain.
The same sort of subtlety weakens the irony, which at one level Brownlow and Mollo do so well. The newsreel, lauding Fascist achievement and deploring the war brought about in 1939 by the Jewish warmongers, is a take-off of newsreel propaganda so cleverly handled that it might easily seem credible to an uncritical viewer. And again, when the National Socialist Party members are invited to voice their own arguments (a passage of cinéma vérité whose great curiosity almost makes one forgive its inappositeness in the context of the rest of the film), they do it with a sincerity and fervour that could obscure for the naively unprejudiced the malice and hysteria beneath. In a way the film-makers themselves are seduced. They communicate their own delight in the uniforms and military show, in the spectacle of an admirably staged Nazi torchlight funeral. This sort of thing is as insidious as dry rot; history has shown that. This admirably achieved, admirably intentioned film could be hot stuff for an audience with the wrong preconditioning. It is an important factor: to an extent the success or failure of the propaganda is tied up with the success of the film. It does not, however, diminish the importance of the discovery of two new film-makers of undoubted talent.
David Robinson: It Happened Here
Sight and Sound, Nr. 1, Winter 1964/65
Brownlow und Mollo wollten wohl den Ausspruch des Doktors im Film demonstrieren: »Das Schlimmste am Fascismus ist, dass man fascistische Methoden gebrauchen muss, um ihn los zu werden.« Dieses zynische Ende einer nicht ganz überzeugenden Beweisführung wählte man wahrscheinlich, weil es nicht genügte zu zeigen, dass es überall passieren könnte. Sicherlich sind die beiden jungen Leute zuerst den Gründen nachgegangen, warum wohl die Engländer die Deutschen noch immer nicht lieben, während die Franzosen ihren Nachbarn längst vergeben haben. Das ist nur dadurch zu verstehen, dass die Franzosen wahrscheinlich während der Besatzungszeit irgendwie kollaborieren mussten, um zu überleben, was einen Schuldkomplex zur Folge hatte, der nun in Versöhnung umgeschlagen ist.
Nicht eine Aufnahme ist den Archiven entnommen; nicht einmal eine Wochenschau aus dem Jahr 1942, die echt wirkt. Auch dass der Film ursprünglich nur auf 16 Millimeter aufgenommen worden ist, merkt man nicht. Störender wirkt schon, dass ein routinierter Schauspieler wie Sebastian Shaw natürlich alle Amateure an die Wand spielt.
Seit 1963 hat dieser Film keinen Verleiher gefunden, obwohl er von den Kritikern immer wieder gelobt wurde. Dann hat ihn nunmehr die »United Artists« übernommen, jedoch eine Szene herausgeschnitten, womit die Regisseure wohl unter Zwang einverstanden waren. Dieser Schnitt, auf Veranlassung jüdischer Organisationen unternommen, rief einen Protest der führenden Kritiker Londons in einem Brief an die »Times« hervor; denn man ist natürlich gegen jede Form der Zensur. Bei der herausgeschnittenen Szene handelt es sich um eine Art von »cinéma vérité«: man hatte ganz einfach eine antisemitische Propaganda-Rede aufgenommen, die anlässlich einer Versammlung britischer Fascisten gehalten worden war. Ohne irgendwelche Gegenargumente zu geben, wurde hier englischen Nazis die Möglichkeit geschenkt, mit ihren Schlagworten irrezuführen. Ich habe IT HAPPENED HERE vor fast zwei Jahren in Mannheim gesehen, wo die Zuschauer die noch nicht geschnittene Szene mit betretenem Schweigen aufnahmen. Obwohl also zu diskutieren wäre, ob man den deutschen Kinobesuchern echte britische Quislings und Antisemiten vorführen soll, ist das allgemeine Problem für England überaus aktuell. Bekanntlich hat man anlässlich des sogenannten »Moor-Mörder«-Prozesses [England 1966] diskutiert, ob man wirklich alle grausamen Details, die bei der Verhandlung ans Licht kamen, in den Presseberichten wiedergeben soll oder nicht. Gewiss, Recht soll öffentlich gesprochen werden, und dazu gehört die Freiheit der Berichterstattung. Gewiss, um Antisemitismus zu bekämpfen, muss man seine Lügen und Entstellungen anprangern. Aber darf man die Gefühle der Überlebenden verletzen, die erlebt haben, wofür demokratische Freiheit von den Fascisten missbraucht wird und wohin es führt, wenn man einer fascistischen Organisation Gelegenheit gibt, ihre Ziele unwidersprochen zu propagieren?
Pem. [= Paul Marcus]: Der umstrittene Schnitt
National-Zeitung (Basel), 2.7.1966