Der Gymnasiast Klaus Teichmann verbringt viel Zeit mit seinem Freund Manfred, der ihn zudem auch noch mit Dr. Boris Winkler zusammenbringt, einem schwulen Kunsthändler, der junge Männer mit künstlerischen Ambitionen um sich schart. Klaus‘ Eltern befürchten, dass auch ihr Sohn homosexuelle Neigungen entwickelt, und suchen professionelle Hilfe. Ein Arzt rät, die Waffen einer jungen Frau zu nutzen, um Klaus auf die richtige Spur zu bringen. Klaus‘ Mutter überredet die Haustochter Gerda, die Klaus sehr gerne mag, sich etwas offensiver um Klaus zu kümmern. Während die Eltern auf Reisen sind, setzt Gerda den Plan der Mutter in die Tat um und verführt Klaus. Der eifersüchtige Manfred erzählt dies Dr. Winkler, der inzwischen von Klaus‘ Vater wegen Verstoß gegen den Homosexuellen-Paragraphen 175 angezeigt wurde. Dr. Winkler zeigt nun seinerseits Klaus’ Eltern wegen schwerer Kuppelei an, und Mutter Teichmann wird zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Trotzdem ist sie glücklich, da sie sicher ist, das Richtige getan zu haben.
17-year-old Klaus Teichmann’s parents are worried. Their son spends every free moment with his friend Manfred, and the two of them often visit Dr. Boris Winkler, gay art dealer who encourages young men to develop their talents in an environment of art, incense and electronic music. Fearing that their son may have homosexual tendencies, Klaus' parents seek professional help. The psychologist suggests using an attractive young woman to keep Klaus on a "normal track. His mother decides that something must be done and convinces their housemaid, Gerda, to seduce Klaus. While his parents are out of town, Gerda initiates the planned seduction. Bitter with jealousy, Manfred tells Dr. Winkler, whom Klaus’ father has accused of violating §175. Dr. Winkler accuses Klaus’ mother of procuring the relationship between Gerda and Klaus and she is sentenced to 6 months in prison for procuration. Convicted and imprisoned, Mrs. Teichmann is still sure she has done the right thing.
Die Gefährdung Jugendlicher beiderlei Geschlechts durch abwegig veranlagte Personen stellt entschieden ein brennendes Problem dar. Es ist aber sehr die Frage, ob dieses Problem in der vorliegenden Gestaltung überhaupt in die Kinos gehört. Denn von manchen beträchtlichen Unwahrscheinlichkeiten abgesehen, ist es empörend, daß hier die verhältnismäßig geringere, aus mütterlicher Sorge entstehende Schuld bestraft wird, der viel schlimmere Übeltäter aber straffrei ausgeht. Zwar wird, der Wirklichkeit entsprechend, gesagt, daß es eine Rettung von dem dekadenten Laster der Homosexualität nur frühzeitig und dann auch nur ohne Patentlösung geben kann. Es wird aber argumentiert, als ob man über das in den meisten Kulturstaaten strafrechtlich verbotene Treiben geteilter Meinung sein könnte. Ja fast hat es den Anschein, hier sollte der von den Betroffenen ersehnten liberalen Diskussion um solche Verirrungen als einer Vorbereitung für eine etwaige Gesetzesänderung in tendenziöser Weise das Wort geredet werden.
Die Regieleistung Veit Harlans ist hier kaum zu bekritteln. Und doch ist es in unseren Augen durchaus kein Ruhmesblatt, das er hier in den welken Kranz seiner fragwürdigen Nachkriegsleistungen flicht. Er vermeidet zwar den Kitsch, nicht aber erotische Spekulationen. Eine Anzahl tüchtiger Schauspieler, voran Paula Wessely, in dieser zwielichtigen Geschichte agieren zu sehen, halten wir für beschämend. —
Tendenziöser Spielfilm über die Homosexualität. Diese Darstellung eines aktuellen Problems ist nicht nur indiskutabel, sondern irreführend und höchst gefährlich. Wir lehnen den Film entschieden ab.
Das dritte Geschlecht
Evangelischer Film-Beobachter, Nr. 38, 19.9.1957
Laßt uns danach die Hände waschen. Wir haben eine unappetitliche Sache gesehen und eine höchst überflüssige dazu. Es geht um den Paragraphen 175 des Strafgesetzbuches. Am Kinoeingang heißt es, er werde »zur Diskussion« gestellt. Aber das ist nicht der Fall. Die Homosexualität sitzt auf der Anklagebank. Nun braucht man weder prüde zu sein noch dem homoerotischen Treiben gleichgültig oder gar freundlich gegenüberzustehen, um sich zu fragen, ob es nicht thematische Grenzen für den Film gibt. Ob nicht auch dieser Rückgriff auf die völlig nutzlosen »Sitten- und AufklärungsfIlme« in Sphären eindringt, die nicht Sache der Flimmerkiste sind, gleich wie die künstliche Befruchtung oder das Kinderkriegen, wie »künstlerisch« auch immer sie gemacht sein mögen. Die Homosexualität ist uralt und offenbar nicht aus der Welt zu schaffen. Ihre Auswüchse sollen in Deutschland durch das Strafgesetz eingedämmt werden. Ob der Film da helfen kann, wird bestritten werden dürfen. [...]
Das Schlimme aber – und da gibt es kein Pardon – an diesem Film ist etwas ganz anderes. Schlimm und übel ist die Identifizierung der Homosexualität mit der modernen Kunst, wie sie hier von Harlan und Lützkendorf angeboten wird: Man weiß am Ende nicht, ob Harlan für den Paragraphen 173 und seine strenge Anwendung ficht oder ob er ihn nicht als Vehikel benutzt, um eine neue Ausstellung der »Entarteten Kunst« anzuregen. Der sokratische Verführer ist nämlich ein Kunsthändler, seine Strichjungen spielen Elektronenmusik, malen abstrakt und dichten modern. Alle anderen sehen normal und tüchtig, rechtschaffen und brav aus. Aber lassen wir das. Die »Homos« bei Harlan sind natürlich eine internationale Clique, sie sind einflußreich, sitzen überall, expressis verbis auch in den Zeitungsredaktionen, nie aber in Banken, Wirtschaftsgremien, Fabriken oder Bürohäusern. »Homos« bilden die fünfte Kolonne der Kunst und des Geistes, den zu diffamieren Herr Harlan, der ein kluger Mann ist, wirklich nicht nötig hätte. Sein Film stammt aus Bildungsressentiments gegen die Intellektuellen. Damit fängt es an.
Und damit hört es auch schon auf. Denn, soll man noch etwas sagen über das Glück, Paula Wessely endlich einmal wieder im Film zu sehen und eine junge Begabung, Christian Wolff, der auch schon in den »Frühreifen« als einziger Profil gezeigt hatte? Harlan hat ja Routine und gelegentlich auch Könnerschaft genug, um Schauspieler sicher zu führen. Aber daß gerade er herkommt und seine Ressentiments gegen die moderne Kunst auf diese Art loswerden will, das darf man ihm nicht abnehmen.
S.-F. [= Hans Schwab-Felisch]: Ein überflüssiger Film
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.11.1957