Der Kleinganove Ferdl ist Stammgast im wiener Café Elektric, einem Etablissement mit zweifelhaftem Ruf, in dem auch die Prostituierte Hansi. Erni, die Tochter des reichen Bauunternehmers Göttlinger findet Gefallen an Ferdl, der dies auszunutzen weiß. Sie stiehlt für den Geliebten von ihrem Vater einen teuren Ring. Ferdl gibt den Ring wiederum Hansi, die inzwischen den bei Göttlinger angestellten Ingenieur Stöger kennengelernt hat. Als Göttlinger die beiden im Café Elektric trifft und den Ring an Hansis Finger sieht, hält er Stöger für den Dieb und entlässt ihn. Ferdl wiederum wird von einer eifersüchtigen Ex-Geliebten denunziert und verhaftet. Max und Hansi ziehen zusammen, doch arbeits- und mittellos hat das Elend sie fest im Griff. Durch einen unglücklichen Zufall glaubt er, dass Hansi wieder als Prostituierte arbeitet, und verstößt sie. Ferdl, inzwischen entlassen, sieht sie im Café Elektric und stürzt sich mit dem Messer auf sie. Max, der inzwischen als Reporter arbeitet, kommt zum Tatort und erfährt nun die ganze Wahrheit. Er nimmt Hansi wieder zu sich und gemeinsam sehen sie einem besseren Leben entgegen.
Small-time crook Ferdl is a regular at the Café Elektric in Vienna, an establishment of ill repute where Hansi has started working as a prostitute to make ends meet. Erni, daughter of wealthy construction contractor Göttlinger, has really taken a liking to Ferdl and he plans to take full advantage of the situation. After Erni gives Ferdl a ring she has stolen from her father, Ferdl gives the ring to Hansi as a token of his affection. Unbeknownst to Ferdl, Hansi is meeting Max Stöger, an engineer that works for Göttlinger. When Göttlinger sees the ring on Hansi’s finger, he accuses Stöger of stealing it and fires him on the spot. In the meantime, a jealous ex-lover has turned Ferdl in and he has been sent to jail. Max and Hansi have moved in together, but without work or money, times are still tough. When Max sees Hansi coming out of a hotel, he assumes she has gone back to her old business and leaves her. Ferdl, who has since been released from prison, is angry and bitter and when he sees Hansi in the café with another man, he stabs her in the chest. Max has found work as as a reporter and when he is sent to capture the story at the Café Elektric, he discovers the real truth about Hansi and the two of them search for a better life together.
Man muß es der kleinen österreichischen Filmindustrie lassen, daß sie sich in den letzten zwei Jahren viel Mühe gegeben hat, um das heimatliche Filmschiff wieder flottzumachen. Es ist einleuchtend, daß man sich bei einem unter so schwierigen Verhältnissen vor sich gehenden Aufbau auf keinerlei Experimente einlassen darf. Unbedingte Publikumswirksamkeit und geschäftliche Rentabilität ist die Hauptsache, denn ein einziger Mißerfolg kann nicht wieder gutzumachende Schäden hinterlassen.
Auch bei diesem neuen Film ist man von den alten bewährten Grundsätzen ausgegangen. Felix Fischers Bühnenreißer »Café Electric« bietet die richtige Mischung von Sentimentalität und erotischem Unterton. Der Manuskriptverfasser, Jaques Bachrach, hat aus Zensurgründen manches mildern und abschwächen müssen. Die Geschichte der Straßendirne, die aus dem Sumpf herausmöchte und doch, übrigens durch eigene Schuld und nicht durch die der »Gesellschaft«, wieder hineingerät, ist unkompliziert, ohne besondere Einfälle aber auch ohne grobe Schnitzer aufgebaut. Zielbewußte Mittelmäßigkeit.
Gustav Ucicky zeichnet für die Regie. Seine Arbeit ist besser als der fürchterliche Titel [#Wenn ein Weib den Weg verliert#] erwarten läßt. Sauber, mit ein paar netten Nuancen und dem sichtbaren Streben, innerhalb des gesteckten Rahmens das Mögliche zu tun. In ein paar Zwischentexten hängt sich die Handlung nach berühmten Vorbildern das soziale Mäntelchen um. Es wird angeklagt und gewarnt und aufgeklärt, so daß man an Hand der Zensurkarte glauben müßte, irgendein auf Sittlichkeit bedachter Verein habe den Film veranlaßt. In Wirklichkeit ist der Film viel zu verschwommen und seicht, um soziale Ziele erreichen zu können. Das Milieu der Dirnen und Zuhälter ist nun einmal in den Kinokassenrapporten und Verleihstatistiken gut angeschrieben, und man kann es keinem Produzenten verübeln, wenn er sich danach richtet.
Technisch ist der Film, photographiert von Hans Androschin, bis auf ein paar Nachtaufnahmen, die zu deutlich das Atelier erkennen lassen, ansprechend. Das Café Electric ist nicht ungeschickt gebaut. Der Regie sind noch ein paar gute Tanzszenen in der Bar auf das Aktivkonto zu buchen.
Die weibliche Hauptrolle spielt Nina Vanna. Hübsch, ein bißchen puppig, darstellerisch gewandt, nur in großen dramatischen Szenen noch unzureichend. Marlene Dietrich charakterisiert ein verderbtes Haustöchterchen gut. Willi Forst als Mörder und Zuhälter zeigt die beste Leistung. Sein Auftreten, seine Art, sich in Szene zu setzen, lassen seine Erfolge bei Frauen glaubhaft erscheinen.
Igo Sym ist ein durchschnittlicher Liebhaber. Fritz Alberti und Vera Salvotti fallen in kleineren Rollen angenehm auf.
Dem Film dürfte der geschäftliche Erfolg sicher sein.
Georg Herzberg: Wenn ein Weib den Weg verliert
Film-Kurier, Nr. 72, 23.3.1928
Nina Vanna als Hansi regt uns weder an, noch auch nur auf, Marlene Dietrich Anspruchslosere wenigstens das letztere. Wenn sie auch ihre muskulösen Schultern besser nicht entblößte. Sie sieht im Dekolleté erschreckend vierschrötig aus.
Der Ferdi von Willi Forst ist etwas zu stark auf »kesser Junge« angelegt. Er ist vielleicht in der richtigen Führung, die zu bremsen und dämpfen versteht, ein nicht unbrauchbarer Darsteller.
Entsetzlich edel ist Igo Sym, der Bauführer mit dem goldenen Herzen, während Fritz Alberti mit Routine den Vater der Erni hinlegt und Vera Salvotti nicht minder habituell eine ältere Nutte aufleben läßt. Der Film wird dem breiteren Publikum gefallen.
da. [= F. Dammann]: Wenn ein Weib den Weg verliert
Lichtbild-Bühne, Nr. 72, 23.3.1928