Hamburg 1934. Man hofft auf einen Besuch des Führers, doch zuvor gilt es noch, einen Makel, der auf der Stadt liegt, zu beseitigen. Da ein Henker fehlt, sind vier zum Tode verurteilte Kommunisten noch nicht hingerichtet. Als der Schlachtermeister Teetjen, der dringend Geld für eine Kühlbox und die Modernisierung seines Ladens braucht, seinen Kriegskameraden und jetzigen SS-Standartenführer Footh um Hilfe bittet, sieht dieser seine Chance gekommen. Er bietet Teetjen den Job als Henker an. Dieser willigt schließlich ein, unter der Bedingung, dass es geheim bleibt. Nach der Tat spricht sich jedoch schnell herum, wer der Henker war und fortan meiden die Kunden Teetjens Geschäft. Von der Not und dem Hass der Leute erdrückt, erhängt sich seine Frau, woraufhin Teetjen sich eine Kugel in den Kopf schießt.
Hamburg, 1934. Almost everything is prepared for Adolf Hitler’s visit with one exception. Four convicted communists await execution, but the executioner is ill. When SS Standartenführer Footh and his comrades start looking for help, they see Teetjen, a local butcher who is broke and needs money to modernize his shop, as their chance. Footh offers Teetjen the job as executioner on the condition that it remains secret. When the rumor spreads that Teetjen is the executioner, people stop frequenting his shop. Crushed by the pressure and hatred from the people, Teetjen’s wife hangs herself and soon thereafter, he shoots himself.
Die Reihe der bedeutenden historisch-politischen Zeitdarstellungen der DEFA ist um einen neuen Film von hohem künstlerischem Rang vermehrt: DAS BEIL VON WANDSBEK, unter Falk Harnacks Regie nach Arnold Zweigs Roman gedreht, wurde bei der gestrigen Uraufführung im »Babylon« zu einem aufwühlenden, erschütternden Erlebnis. [...]
Der Film erzählt die Geschichte auf seine Weise nach, konzentriert die Handlung auf ihre konkrete Substanz, schält das Schicksal des Mannes Teetjen und seiner Frau Stine aus dem Universum des Romans. Und es ist erstaunlich, wie diese Umschöpfung gelingt, ohne daß die Geschlossenheit des Bildes beeinträchtigt wird, ohne daß Wesentliches an den Menschen und Ereignissen verzerrt oder verzeichnet wäre. Wie sauber hat das Drehbuch, wie behutsam hat vor allem Harnacks Regie die Linien der Dichtung nachgezogen! Wie genau sind im Gesamtbereich einer verderbten, böse gewordenen Welt die einzelnen Lebenskreise geschieden und bezeichnet! Die dumpfe Ahnungslosigkeit Teetjens, der nicht etwa eine SA-Bestie oder ein Menschenschlächter aus sadistischer Leidenschaft ist, sondern ein sorglicher Bürger und liebender Gatte, und der noch, als er die Pistole gegen sich selber hebt, seine Schuld nur ahnt und nicht begreift. Das klare Bewußtsein dann, das die nächste Schicht, vertreten durch die Fürsorgeärztin oder den Gefängnisdirektor etwa, vom Unrecht der Zeit hat – und das resignierende feige Schweigen, das die Ärztin und den Direktor und Tausende mit ihnen schuldig gemacht hat, schuldig wie Teetjen, schuldiger als ihn.
Ein beklemmendes, in seiner erlebten Wahrheit, seiner präzisen Realistik Furcht, Elend und falschen Glanz des Dritten Reiches schonungslos enthüllendes Bild! In seiner künstlerischen Dichte gibt es kaum eine Lücke, kaum eine farblose, unausgefüllte Stelle. Die Kamera Robert Baberskes gibt aus Licht und Schatten Stimmungen von suggestiver Intensität, wie man sie lange nicht sah. Die schauspielerischen Leistungen heben sich von ihrem Hintergrund umso plastischer. Erwin Geschonnecks Teetjen vor allem und zuerst: mit jeder Geste, in jedem Wort das seltene Beispiel einer zutiefst aus der Wirklichkeit, aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit einer Zeit geschöpften Menschengestaltung, ihm ebenbürtig, besonders in der Verzweiflung, in dem ratlosen Getriebensein der Schlußszenen Käthe Braun als Stine, nicht ganz so stetig durchgezeichnet die Sozialärztin Gefion Helmkes in ihrem schwankenden Rechtsgefühl, um so sicherer dann wieder auf seine Art der feiste, rücksichtslose Nazi Footh Willy A. Kleinaus.
Wo aber bleibt die Gegenseite in diesem Film? Was weiß er vom Kampf, vom unbekannten Heldentum der Kämpfer des Widerstands? Sie sind vertreten – in einigen vor allem von Fritz Wisten, Hermann Stövesand und Albert Garbe erschütternd gespielten Episoden – aber sie bleiben im Hintergrund. Der Film handelt nicht vom Widerstand, sondern vom fehlenden Widerstand; nicht vom Tun, sondern vom Unterlassen, nicht von der Bewährung, sondern von der Schuld. Und eben darin beruht seine starke, aus der Vergangenheit, die er schildert, in die Gegenwart herüberstrahlende Wirkung. Die Mahnung, die er ausspricht, erreicht jeden Zuschauer, der weiß, daß das faschistische Unheil noch immer nicht aus der Welt gebannt ist und zu neuem Blutvergießen rüstet. Wird sie gehört, dann erfüllt sich, was Arnold Zweig selber von diesem Film erhofft: daß er »beiträgt, neue Teetjens zu verhindern, an neuen Kriegvorbereitungen oder -taten mitzuhelfen – Selbstmord zu begehen, ohne den Grund zu wissen.«
Hans-Ulrich Eylau: Neue Teetjens zu verhindern
Berliner Zeitung, 13.5.1951