Die Falken und die Tauben.
Fünf Fehler beim Nachdenken über das SED-Verbotsplenum 1965
In den filmhistorischen Umgang mit dem „Kahlschlag“-Plenum des Zentralkomitees der SED im Dezember 1965 haben sich inzwischen mehrere Irrtümer eingeschlichen, die meist der sprachlichen Verkürzung komplizierter kulturpolitischer Vorgänge geschuldet sind. So heißt es immer wieder: Auf dem 11. Plenum wurde „eine ganze Jahresproduktion der DEFA“ verboten. Oder: „Die Partei setzte die Künstler unter Druck.“
Doch ganz so einfach war es nicht: Die Verbotswelle fand durchaus nicht nur an zwei eiskalten Dezembertagen statt, sondern zog sich fast ein ganzes Jahr lang hin. Und: Nicht „die Partei“ verbot die Filme, sondern die Verbotswelle ging von einer bestimmten Hardliner-Fraktion aus, der sich andere Parteimitglieder, nämlich die kulturpolitisch liberalere Fraktion, schmerzhaft unterwerfen musste. Es war gewissermaßen der Kampf zwischen Falken und Tauben.
Beeinflusst wurde die Verbotswelle durch Geschehnisse in Moskau und Prag, stellte also nicht nur ein DDR-Phänomen dar, sondern wurzelte in internationalen Entwicklungen. Wie es wirklich ablief, wer die treibenden Kräfte auf beiden Seiten waren, wie die DEFA glaubte, sich mit neuen Filmen „bewähren“ zu können und sich dabei nur noch tiefer in den Schlamassel hineinritt, und welche konkret vorbereiteten Stoffe, welche Tendenzen der Spielfilmentwicklung das 11. Plenum verhinderte, beschreibt der Vortrag so pauschal wie nötig und so differenziert wie möglich.