Von Preußens Polizeizensur zur Freiwilligen Selbstkontrolle.
Kontinuitäten und Brüche deutscher Filmzensur
Wie alle wirtschaftlichen Aktivitäten in modernen Gesellschaften unterliegt auch die Herstellung und Auswertung von Filmen staatlicher Regulierung und Kontrolle. Auf die Ware Film achten die Behörden ganz besonders: Bis Anfang der 1970er Jahre ist die öffentliche Vorführung von Filmen strengen Auflagen unterworfen.
Im Alltagsverständnis bezeichnet Filmzensur das Aufführungsverbot eines Films oder die Auflage, durch Schnitte bestimmte Szenen aus dem Film zu entfernen. Der Normalfall der Filmzensur ist jedoch nicht das Verbot, sondern die Freigabe zur öffentlichen Vorführung: Die Filmproduzenten sind verpflichtet, für jeden Film die Genehmigung zur Vorführung zu beantragen. Es besteht also vorneweg ein generelles Aufführungsverbot für alle Filme! Jeder fertige Film muss erst auf seine Eignung für öffentliche Vorführungen geprüft werden. Das Ergebnis der Prüfung ist die Zulassung oder das Verbot des Films. Die Zulassung kann mit Auflagen erfolgen wie Ausschnitt von Szenen oder Kinder- bzw. Jugendverbot.
Zur Minderung ihrer Geschäftsrisiken verlangt die Filmbranche nach einer einheitlichen Regelung der staatlichen Vorzensur, die erst 1920 mit dem Reichslichtspielgesetz kodifiziert wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg darf die westdeutsche Filmwirtschaft die Zensur selbst in ihre Hände nehmen. Die Übertragung dieser hoheitlichen Aufgabe setzt absolute Loyalität voraus. Die Versagungsgründe der Freigabe ändern sich bis Anfang der 1970er Jahre wenig. Vom Kaiserreich über die Weimarer Republik bis in die Bundesrepublik herrscht Kontinuität. Die Brüche der NS-Filmzensur betreffen die Ausweitung der Zensur auf Drehbuchvorlagen und die umstandslose Säuberung der Filmbranche von „Volksschädlingen“, die rassistisch oder parteipolitisch definiert werden.