„Wer den Film in der Bundesrepublik gesehen hat, hat ihn nicht gesehen“.
Zu den (west-)deutschen Fassungen der Filme Visconti.
„Wer den Film in der Bundesrepublik gesehen hat, hat ihn nicht gesehen“. So schreibt Wolfram Schütte, wobei er sich auf den Luchino Visconti-Film Ludwig aus dem Jahr 1972 bezieht, der in der BRD in einer um 50 Minuten kürzere Fassung lief. Das gleiche Schicksal traf jedoch einen Großteil der Filme der italienischen Altmeisters, als sie in die (west-)deutschen Kinos kamen, von seinem Erstlingswerk Ossessione bis Rocco e i suoi fratelli, von Senso bis Il Gattopardo, der sogar doppelt gekürzt wurde: Neben einer um 30 Minuten kürzere Fassung lief in der BRD eine weitere Verarbeitung, bei der fast eine Stunde herausgeschnitten worden war.
Durch eine Analyse des wechselvollen Schicksals der Filme Luchino Viscontis diesseits der Alpen, der vielschichtigen Kette von Eingriffen, Kürzungen und Manipulationen, die sie erfuhren, und die als musterhaft erscheinen für den „freien“ Umgang mit ausländischen Filmen in der BRD der Nachkriegszeit, soll ein weiteres Licht auf die umfängliche Kontroll- bzw. Zensur-Praxis der FSK und der (west-)deutschen Verleih-Firmen geworfen werden, welche neben dem offenkundigen Inhalt in starken Maß auch die ästhetische Ebene betraf, wobei die problematische Rolle, die insgesamt der Verleih spielte, im Besonderem berücksichtigt werden wird.