Damit die Herren in der Buchhaltung endlich einmal ohne Ablenkung arbeiten, engagiert der Personalchef einer Versicherungsgesellschaft das unscheinbare Frl. März als neue Sekretärin. Aus Trotz bandelt der Schürzenjäger Fritz dennoch mit ihr an. Als Frl. März daraufhin entlassen wird, bekommt Fritz ein schlechtes Gewissen und legt beim Direktor ein gutes Wort für sie ein. Dort lernt er die attraktive Freundin des Direktors kennen. Frl. März wiederum wird aufgrund eines Missverständnisses für die neue Freundin des Direktors gehalten. Erst nach einigen Verwicklungen wird Fritz klar, für wen wirklich sein Herz schlägt.
Die Dreharbeiten zu DAS HÄSSLICHE MÄDCHEN begannen im Januar 1933, kurz bevor Hitler an die Macht kam. Der Sohn des jüdischen Regisseurs Hermann Kosterlitz berichtet, wie sein Vater kurz vor Ende der Dreharbeiten in seiner Bank mit einem Kassierer in SA-Uniform aneinandergeriet und daraufhin Deutschland Hals über Kopf verlassen musste.
In 1933 Dad’s career suffered a severe setback. He was directing his second film, DAS HÄSSLICHE MÄDCHEN (The Ugly Girl), and was within four days of wrapping production. Adolf Hitler won the election, and Germany was suddenly taken over by the Nazis. One of the first things those fellows did was to nationalize the banks, confiscating any money held by people of the Jewish faith. […]
Dad decided that when the picture wrapped he would leave the country and relocate in a more accommodating climate. So during lunch break at the studio, he went to his bank to withdraw his savings. Four days left to film.
In the bank, the teller refused to recognize him. More than that, he said that since Dad was Jewish he didn’t have any money there – it had been confiscated by the Nazis. The teller, dressed in the uniform of a Sturmabteilung officer, tore up his passbook and threw it on the floor. Dad’s temper was seething by this time, and he said he’d see the bank manager, a certain Herr Schönfeld. When the teller said that Herr Schönfeld wasn’t there, Dad said he’d wait. The teller picked up the phone and dialed, then said, “Herr Schönfeld, I have a Jew here named Koster who wants to take his money out … OK, I’ll tell him.”
The teller hung up, then turned to Dad and said, “The manager isn’t here.”
Dad said, “I just saw you speaking to him.”
The teller replied, “You filthy Jew bastard, are you calling me a liar?”
With that, Dad lost it – he jumped over the desk, grabbed the telephone, and knocked the teller unconscious. Herr Schönfeld appeared suddenly and helped to pull Dad off the officer. He took Dad out the front door, handing him some money from his own wallet. He told Dad to go straight to the railroad station and leave the country on the next train: “Don’t go back to work, don’t go home and pack, just leave the country right now.”
Bob Koster: Henry Koster: A Life in Movies
CineSource Magazine, bit.ly/2cjxBnM, 4.11.2008
Im Vorspann des Films wurde Kosterlitz’ Name durch Hasso Preis ersetzt (nicht jedoch in Werbung und Filmkritik). Bei der Uraufführung kam es zu antisemitischen Ausschreitungen, die sich gegen Hauptdarsteller Max Hansen richteten.
Der Film hatte nach Beendigung Applaus. Dolly Haas wurde begeistert begrüßt. Als sie Max Hansen bei ihrem Wiedererscheinen mit auf die Bühne brachte, ertönten von mehreren Seiten Pfiffe. Das Publikum beendete sofort die Beifallskundgebungen. Die Pfiffe dauerten an, der Vorhang blieb geschlossen, weil auf die Bühne mit faulen Eiern geworfen worden war. Dann hörte man vom Rang Rufe:
»Wir wollen deutsche Filme, wir wollen deutsche Schauspieler. Wir brauchen keine jüdischen Schauspieler, wir haben genug deutsche.
Schämt ihr euch nicht, deutsche Frauen, jüdischen Schauspielern zu applaudieren?
Fort mit dem Juden Max Hansen, der noch vor einem halben Jahr im Kabarett ein Couplet von Hitler und dem kleinen [Sigi] Cohn gesungen hat.«
Es handelt sich hier um einen Film, der im Februar bis April dieses Jahres hergestellt worden ist und auch im April durch die Zensur gegangen ist. Die Besetzung ist also vor dem Inkrafttreten des Arierparagraphen (am 1. Juli) erfolgt.
Dem Publikum sind diese Tatsachen unbekannt, es nimmt infolgedessen in seinem deutsch fühlenden Besucherkontingent gegen die Besetzung von Filmen mit nichtarischen Darstellern Stellung.
»Wir wollen deutsche Künstler«
Film-Kurier, Nr. 212, 9.9.1933
Wollten sie in diesem Vormärzfilm ihre Welt demaskieren, die Herren Autoren [Felix] Joachimson und Hermann Kosterlitz, die geradezu ein »Kulturbild« des Berliner Westens zwischen Wittenbergplatz und Bayerischem festgelegt haben? Ein <unfreiwilliges> Porträt ist entstanden, die aufgeschwemmte Generaldirektorenzone, die verlogene Büro-Erotik, die der Film der deutschen Arbeitswelt seit der hüpfenden Privatsekretärin angedichtet hat, passiert hier noch einmal Revue. Die häßliche Welt, die den Haß verdiente.
Man soll sich nicht einfangen lassen von der Artistik und dem Intellekt der Drehbuchführung, der Inszenierung und des Schauspielereinsatzes, – soll der Film nicht die verdummendste, verderblichste Augenblicksfreude sein, so können wir doch die Blicke nicht verschließen vor dem, was uns anfeixt, angrimassiert, was uns üble Belehrungen in jedem Augenblick vorgaukelt, wie wir nicht denken, nicht handeln sollen.
Es kann dafür nicht die großzügig-großstädtische Entschuldigung geben, daß ja alles ein Spaß sei, daß ja alles nicht so ernst zu nehmen wäre. Die Flittchen-Welt, die Mogelei der kleinen Leute, die Freundinnen, die beim Direktor schlafen, die Kostümbälle, bei denen der Sekt in die dicken Bäuche strömt, – auf diese »Erblehre« der gestrigen Filmleute verzichtet das deutsche Volk. […]
Das Heute und Morgen des deutschen Films geben dieser Schwester der PRIVATSEKRETÄRIN nicht die Hand. Sie ist wirklich ein häßliches Mädchen.
Eine untergehende Welt wird durch gute Gags nicht gerettet. Sie ist gerichtet.
–r.: Das häßliche Mädchen
Film-Kurier, Nr. 212, 9.9.1933
Dieser neue Film der Bayerischen zeugt von Witz und Humor, bietet das, was er offensichtlich will: Zerstreuung, Entspannung. Drehbuch, Regie, Darsteller und das übrige Kollektiv schufen hier einen Bildstreifen, der überall ein angeregtes, amüsiertes Publikum finden wird. Es gab gestern im Atrium sowohl »bei offener Szene« wie auch später am Schluß nicht zu überhörenden Beifall.
Hermann Kosterlitz, der für das Manuskript zeichnete, hat das Buch zu diesem Film flüssig entworfen; es zeigt Geist, Einfälle, Humor. Daß sich ein »häßliches Mädchen«, nachdem es Friseur und Schneiderin überlassen, schließlich ins Gegenteil verwandelt, ist beileibe keine neue Idee. Aber wie um diesen Kern herum eine mehr aufs Detail gehende Handlung aufgebaut wird, das war hier das entscheidende. Szenen wie der pünktlich – allzu pünktliche Arbeitsschluß in der Großbank (der Uhrzeiger rückt auf Voll – Schluß, Feierabend …), zeigen gesunden Humor, leiten über zum Parodistischen, das vor allem in [Otto] Wallburg sein Objekt findet. Übrigens verstand es die Regie, allein durch die optische Erfassung Wirkungen zu erzielen; ein Musterbeispiel dafür: Dolly Haas als »häßliches Mädchen«, einsam in der riesigen Halle – »verloren« erscheint sie im Bild, sinnunterstreichend erfaßt durch die Kameraeinstellung von oben.
Damit kommen wir zu den Darstellern. Dolly Haas: schmal und jungfräulich-herb präsentiert sie sich. Rührend und liebenswert. Sie weiß ebenso gut zu weinen wie mit den Ohren zu wackeln. Ein häßliches Entlein, das sich nicht gerade in einen Schwan, doch immerhin in einen ganz ansehnlichen Vogel verwandelt … Max Hansen, der besonders in einer reizend improvisierten Tanzszene auffällt (vom Publikum beklatscht), wirkt etwas blaß und wird entschieden durch Otto Wallburg in den Schatten gestellt, dem ein Großteil des Publikumserfolges gehört. Wallburg als Tangotänzer, der blubbernde Otto auf dem Maskenfest oder in eitler Eifersuchtsszene: das alles stellt tatsächlich an das Zwerchfell Anforderungen.
c.–c.: Das häßliche Mädchen
Lichtbild-Bühne, Nr. 214, 11.9.1933