London 1536: Unmittelbar vor der Hinrichtung seiner zweiten Ehefrau Anne Boleyn lernt der englische König Henry VIII. die neue, recht vorlaute Hofdame Katherine Howard kennen. Doch erst nachdem seine dritte Gattin, die jugendliche Jane Seymour, bei der Geburt eines Thronfolgers im Kindbett verstorben ist, erinnert sich der virile Monarch an die selbstbewusste junge Frau. Durchaus mit Kalkül lässt sich Katherine auf ein Techtelmechtel mit dem König ein, doch hat dieser bereits eingewilligt, aus Staatsräson die deutsche Prinzessin Anna von Cleve zu freien. Erst als diese sich im Brautbett als geistreiche Spröde erweist, dem Monarchen den ehelichen Vollzug erspart und in eine rasche Scheidung einwilligt, ist der Weg für Katherine frei: 1540 wird sie Henrys fünfte Ehefrau. Während der König sein eheliches Glück endlich gefunden zu haben glaubt, beginnt Katherine hinter seinem Rücken ein Verhältnis mit dem Höfling Thomas Culpeper. Als der Hofrat den König davon in Kenntnis setzt, ist Henry zum Handeln gezwungen.
Dieser Film der London-Films, den die Deutsche Universal im festlichen Capitol gestern Abend dem deutschen Publikum zeigte, das ist einer der großen Filme der Weltproduktion – groß, nicht so sehr wegen seiner Ausstattung, die wahrhaft königlich ist, wie es einem so mächtigen Monarchen auch in einem späteren Film gebührt; groß auch nicht so sehr wegen des Trägers der Titelrolle, des englischen Schauspielers Charles Laughton, der so grandios und hinreißend ist, daß man Film-England um ihn beneiden muß; groß auch nicht einmal wegen des Drehbuches, das uns das Privatleben eines Königs erzählt, vielleicht mit einigem Schmunzeln, aber doch mit dem Respekt vor der wirklichen Größe eines Mannes, der – mindestens in dieser filmischen Darstellung – König selbst in Unterhosen blieb; sondern groß aus allen diesen Gründen zusammen, und groß aus der großen Linie der Regie heraus, die ihr wundervolles Material an Menschen und Bauten, an Ideen und Bildern zu einem geschlossenen und wunderbar wirksamen Film zusammenbrachte.
Der Regisseur Alexander Korda, der beim deutschen Film der letzten, künstlerisch so hochstehenden Stummfilmzeit in die Schule gegangen war, zeigt mit diesem Film, daß er die deutsche Schule nicht vergessen hat. Die Bilder, die er stellt, die Szenenfolgen, die er gibt, vermitteln filmisches Geschehen, das das gesprochene Wort nur noch benutzt zur Untermalung der Stimmung, zur Intimisierung einer Situation, einer Begebenheit. Es kommen gute Wortwitze vor – übrigens in wenigen einkopierten Titeln ausgezeichnet und wirkungsvoll verdeutscht –, aber sie verdecken nie das Bild, noch wollen sie es je ersetzen. Diese Bilder, in der szenischen Bewegung großartig und harmonisch bis in die letzte und feinste Einzelheit, stehen in einem ausgezeichneten Rahmen: der Architekt Vincent Korda baute ein England des sechzehntes Jahrhunderts nach, das vielleicht nicht so hundertprozentig stilecht ist wie es phantastisch und künstlerisch echt aussieht […]
Und selbst diese Bilder treten zurück vor ihrem Inhalt, wie der Rahmen des Holbeinschen Bildes von Heinrich dem Achten zurück tritt vor der Meisterschaft des Malers, die im Bild verewigt ist. Und der Inhalt, in der Maske echt, wie aus dem Holbeinschen Bild geschnitten, heißt <Charles Laughton> …
H. U: Ein König und sechs Frauen (Heinrich VIII.)
Lichtbild-Bühne, Nr. 15, 18.1.1934
Charles Laughton, whose shadow is scurrying around the country in several pictures, including THE SIGN OF THE CROSS, in which he gave his clever conception of Nero, is at the top of his form in the title rôle of THE PRIVATE LIFE OF HENRY VIII, which was directed in London by the Hungarian Alexander Korda. The current work was not always received with unstinted praise on the other side of the Atlantic, because, although it was admittedly a clever production, some of the critics resented the buffooning of the fiery and amorous monarch. But in this country it probably will be enjoyed heartily without any such reservations, for it is a really brilliant if suggestive comedy.
Mr. Laughton not only reveals his genius as an actor, but also shows himself to be a past master in the art of make-up. In this offering he sometimes looks as if he had stepped from the frame of Holbein's painting of Henry. He appears to have the massive shoulders and true bearded physignomy of the marrying ruler. Mr. Laughton may be guilty of caricaturing the rôle, but occasionally truths shine in the midst of the hilarity. He gives an admirable idea of Henry’s vanity and also of his impetuousness, his sense of humor, his courage and fear.
Mordaunt Hall: Charles Laughton in the Title Role of the British Film »The Private Life of Henry VIII.«
The New York Times, 13.10.1933
Henry VIII and his matrimonial misadventures have always been considered a joke by all but the sober historian, and this film's direction and script deal with him wittily from the popular angle, giving only the barest hints of the other sides of the all-too-efficient tyrant whose love-life, though spectacular, was only a part of his complex character. However, as the film's point of view stands confessed in the title, only Henry's admirers, if any, will cavil at this well directed and acted production, which is well worth seeing, either again or for the first time, though it does not now stand out from other British films as strikingly as it did when first shown in 1933. Laughton is lifelike as the Henry of the film, a coarse and uncomplicated tyrant; Merle Oberon looks beautiful during her short appearance as Boleyn; Elsa Lanchester is amusing as Anne of Cleves; Robert Donat is an attractive Culpeper, lover of Katherine Howard, who is well played by Binnie Barnes; and the rest of the distinguished cast are all good.
The Private Life of Henry VIII
The Monthly Film Bulletin, Nr. 151, Juli 1946