Der reiche amerikanische Playboy Sandercroft hat genug von den Frauen und lässt sich auf eine Wette um 500.000 Dollar ein: Fünf Jahre lang will er keine Frau mehr anrühren. Um nicht in Versuchung zu geraten, geht er mit seiner Luxusjacht, der »Odysseus«, und einer Mannschaft aus Ganoven auf Kreuzfahrt durch die Weltmeere. Seinem treuen Diener Jean gibt er die Anweisung, ihn wenn nötig mit allen Mitteln davon abzuhalten, in die Nähe einer Frau zu geraten. Nach vier Jahren auf See geschieht das Unglück: In der Nähe von Dover fischen sie eine Schwimmerin aus dem Wasser, die sich als Journalistin Gladys vorstellt und die Männer gehörig durcheinander bringt.
Der Zuschauer schaukelt mit der schmucken Yacht Odysseus über die Ozeane, die Wellen plätschern kühlend über die Leinwand, schwimmenden Matrosen spritzt das Wasser über den Kopf zusammen. Es ist Licht, Luft und Sonne in diesem Film. Das Mikrophon fesselt die Bildkamera nicht mehr, es ist kein Selbstzweck mehr, niemand kann sich mehr mit Ton-Schwierigkeiten herausreden, es gibt keine Entschuldigungen mehr für Festkleben in seinen vier Atelier-Wänden.
Es ist ein hohes Verdienst der emsigen technischen Kleinarbeit in den Ufa-Betrieben, daß dem Mikrophon in knapp zwei Jahren die »Mucken« ausgetrieben wurden. Die Ufa hat sichtbare Pionierarbeit geleistet.
Karneval und Blumenkorso in Nizza, Autorennen über gefährlich gewundene Bergstraßen, viel belachtes happy ending, sommerliches Zuschauer-Herz, was willst du noch mehr! Drei Starnamen stehen auf der Abend-Speisekarte: Lilian Harvey, Harry Liedtke, Felix Bressart. Viele populäre Namen daneben.
Die Augen aller Beteiligten waren auf die Stars und Yacht, auf den Ozean und den Karneval gerichtet, und so konnte Frau von Cube ein Manuskript einschmuggeln, das nicht ganz in die illustre Umgebung gehört. Nach der Vertiefung des Technischen, nach der wiedergefundenen Bild-Schönheit ist dringendstes Gebot: Sorge für das Geistige.
Dabei wäre diese Geschichte von der Wette zweier Millionäre, die den einen zwingt, fünf Jahre keine Frau anzusehen, mit ein paar kleinen Kniffen noch ganz anders auf Touren zu bringen gewesen; nur das Allzu-Unwahrscheinliche wahrscheinlicher machen, und dem Publikum jede Möglichkeit zum Mitgehen bieten, und schon wäre aus einer harmlos-netten Dutzendhandlung eine prickelnd-aufregende Geschichte geworden.
Warum beispielsweise fünf Jahre, wenn ein Jahr plausibler ist? Warum um 500.000 Dollar wetten, wenn der zehnte Teil mehr ist? Und warum erfährt der Zuschauer erst hundert Meter vor Toresschluß, daß das entzückende Lilian-Mädel, das da eines Tages aus den Wellen des Kanals auftauchte, eine gedungene Herzensbrecherin ist? Warum sie nicht sichtbar den Zwiespalt spielen lassen zwischen dem reizvollen Auftrag und aufkeimender echter Zuneigung zu dem Opfer?
Anatol Litwak gelingt die Darstellung der Schiffsatmosphäre gut. Zusammen mit der Musik von Mischa Spoliansky und den frischen Texten von Robert Gilbert wird zur Freude der anwesenden weiblichen Kinobesucher dargelegt, wie leicht sich die Männer das Leben ohne Frauen denken und wie jämmerlich sie sich fühlen, wenn das fünfte Jahr des so leicht gedachten Zölibats heraufdämmert.
–g.: Nie wieder Liebe
Film-Kurier, Nr. 174, 28.7.1931
Diese kleine Belanglosigkeit, die nun einmal der Inhalt des erfolgreichen Theaterstücks »Dover – Calais« von J. Berstel war, wurde von den Drehbuchautoren so gedehnt und gestreckt, so beladen und überladen mit vorschriftsmäßigen Publikumswirksamkeiten, daß die kleine Geschichte und oft auch die gute Darstellung viel eingebüßt hat an lustspielhaftem Tempo. Litwak, Mitautor (neben J. von Cube) und Regisseur, hatte manchen hübschen Einfall, dem stark applaudiert wurde. Harry Liedtke spielt in nobler Zurückhaltung den liebesmüden Sondercroft, während Lilian Harvey in allen nur irgend denkbaren Kostümierungen (vom Badetrikot bis zum Autodreß) in heiterster Anmut tanzt, singt und spielt. Die große Schar ihrer Verehrer und Verehrerinnen wird von dieser neuen Rolle der anmutigen Lilian recht entzückt sein. Köstlich und sehr klug gebändigt spielt Bressart einen besorgten Diener. Das künstlerische Erlebnis des Films aber ist Margo Lion. Wie sie in der Matrosenkneipe ein Chanson hinlegt, das mache ihr mal eine nach! Da verblaßt sogar Marlene Dietrichs Ruhm. Stimme, Bewegung, Mienenspiel, alles aus einem Guß. Herrlich! Mischa Spoliansky kann sich gar keine bessere Interpretin für seine Lieder wünschen.
F. S.: Nie wieder Liebe
Berliner Volkszeitung, 29.7.1931