Hans Herfort möchte seinem Leben ein Ende setzen, doch es fehlt ihm der Mut. Da kommt es ihm gerade recht, als er einen Einbrecher auf frischer Tat ertappt. Herfort schließt mit dem Dieb einen Vertrag: Er soll ihn bis 12 Uhr am nächsten Tag töten und erhält dafür 15.000 Mark. Als Herfort ein letztes Mal in sein Stammlokal geht, trifft er dort auf die attraktive Kitty. Herfort verliebt sich in sie, und vorbei ist der Wunsch zu sterben. Zusammen mit Kitty sucht er seinen »Mörder«. Dieser hat allerdings, nachdem er vergeblich versucht hat, Herfort auf die verschiedensten Arten zu töten, den Vertrag verkauft: an Jim, den Mann mit der Narbe.
Regisseur Robert Siodmak erzählt von der Zusammenarbeit mit den Drehbuchautoren und Produzent Erich Pommer.
Da kam mir bei der Ufa ein Stoff in die Hände, ein Theaterstück. Auf das hatte man seit Jahren Option.
Die Idee dazu war ganz vernünftig. Aber die Ausführung erwies sich als unbrauchbar und vor allem fehlte die Auflösung im dritten Akt.
Daraufhin setzten wir uns zusammen und fanden nichts. Endlich fiel uns, Billy Wilder und mir, etwas ein. Aber auch das mußte geändert werden.
Und so kam es bei der praktischen Ausgestaltung zu den wirklich schönen Arbeitssitzungen mit Erich Pommer, bei denen wir, die Autoren Billy Wilder, mein Bruder Kurt, Ludwig Hirschfeld aus Wien und ich, als Regisseur, zusammen saßen.
Da passierte die berühmte Geschichte von der Prämie, die Pommer nach stundenlangen Beratungen für jeden Einfall aussetzte. Sie betrug zehn Pfennig und wurde nur einmal überzahlt: Das waren ganze fünfzehn Pfennig, die ausgeworfen wurden, aber das wurde als Verschwendung gebrandmarkt.
Und die Höchstsumme waren 5,30 Mark. Bedenken Sie, 53 ganze Einfälle. Dafür dauerte die Sitzung denn auch von nachmittags um 5 Uhr bis nachts um 3.
Und der Film, der daraus entstand, der schließlich eine Groteske wurde, heißt DER MANN, DER SEINEN MÖRDER SUCHT.
Der Mann, der die Groteske ernst nimmt
Film-Kurier, Nr. 30, 5.2.1931
Der Groteskfilm baute sich zurzeit des guten alten stummen Films wirkungsgemäß auf starker Übertreibung des realen Lebens auf. Jeder wird sich an die kleinen, kurz nach der Inflation in Deutschland eingeführten, amerikanischen Grotesken erinnern, die beim deutschen Filmpublikum hohes Erstaunen hervorriefen. Vor allem, weil die darin gezeigten Vorgänge real unmöglich waren. Man zerbrach sich den Kopf darüber, wie es möglich wäre, solche, bis ins Kleinste ausgearbeitete, tolle Unwahrscheinlichkeiten durch das Filmband festzuhalten. Aus der Übersteigerung der Realität entwickelte sich allmählich in Amerika ein ganz neuer Filmstil der Komik, dem wir unsere besten Weltdarsteller verdanken. Erinnert sei an Buster Keaton, Harold Lloyd und vor allem an Charlie Chaplin. Der deutschen Mentalität lagen nur Filme nahe, die sich mehr auf die Übersteigerung einer Sensation als auf die groteske Verzerrung der Dinge des Alltagslebens erstreckten. […]
Erich Pommer, unter dessen Leitung ich diesen neuen Ufa-Tonfilm drehen durfte, und ich waren von Anfang an der Überzeugung, für das neuartige Thema musste ein neuer Stil gefunden werden. Man kann sich kaum vorstellen, wieviel Irrwege wir bei der dramaturgischen Gestaltung in Gemeinschaft mit den Autoren des Films, Ludwig Hirschfeld, Kurt Siodmak und Billy Wilder, gehen mussten, bis wir Handlung und die Art der Führung dieser Handlung aus den vielerlei vagen Vorstellunzen gefunden hatten. Wir waren der Überzeugung, unser Film musste unmittelbar auf das Hauptmoment der Spannung losgehen, jedes Wort, das gesprochen wurde, jede Geste durften nur aus dem Gesichtspunkt gestaltet werden: Verstärkung der Spannung. Die äußerliche Form des Bildes ist völlig real. Ich möchte das Irreale, Groteske von vornherein aus der Idee herleiten, der Idee, dass ein lebensmüder Mensch seinem Mörder nachläuft, den er selbst gedungen hat.
Robert Siodmak: Groteske und Tonfilm
Ufa-Feuilleton, Nr. 6, 11.2.1931
Planmäßig hat der Regisseur Robert Siodmak Erkenntnisse, die die letzten Tonfilmoperetten vermittelten, benutzt. Aber Siodmak hat nicht nur fleißig DIE DREI VON DER TANKSTELLE und EINBRECHER studiert, er und seine Drehbuchautoren kennen auch den amerikanischen Groteskfilm aus dem »ff«.
Das Erfreuliche ist, daß diese Erkenntnisse den jungen Regisseur nicht zum platten Plagiat verführen. Er entwickelt sie weiter. Wenn man in DIE DREI VON DER TANKSTELLE den ersten erfreulichen Versuch konstatieren durfte, das alte Operettenschema durch groteske Bewegungskunst zu durchbrechen, wenn in EINBRECHER derselbe Stil schon mit Konsequenz angewandt wurde, so beherrschen in dieser Selbstmörder-Schlemihliade die Einfälle der grotesken Bewegungsregie bereits den ganzen Film.
Aber zugleich offenbart sich ein Fehler, der offenbar typisch für junge Filmregisseure ist. Robert Siodmak verliebt sich in die Einfälle seiner Autoren. Er kann sich von ihnen nicht trennen. Er variiert einzelne Einfälle zu gründlich, zu oft. Siodmak muß in der Anordnung der Pointen, im Ablauf der Szene präziser, weniger feuilletonistisch, weniger verspielt, arbeiten.
Aber die Vorzüge des Films überwiegen bei weitem die Fehler. Mit ungewöhnlichem Witz, mit entzückender Leichtigkeit zieht er diesen tollen Rummel um Moral und Selbstmord, diese Jagd nach dem Mörder auf. Hier gibt es keinen logischen Knax, kein Zurück in die Operette. Erfreulich auch die Milieuschilderung. Sein Tanzlokal ist ein echtes Berliner Tanzlokal, sein Verbrecherverein ist trotz der parodistischen Note in den Typen wahr. Seine Komparsen sind Menschen aus der realen Welt.
Hans Tasiemka: Der Mann, der seinen Mörder sucht – Eine deutsche Tonfilmgroteske
Das 12-Uhr-Blatt, 6.2.1931
Ein reizender Film. Ein großer Erfolg. Nachträgliche Bestätigung des »Filmstudio 1929«. Man erinnert sich noch, welch eine Bestürzung einen sogenannten Fachkritiker befiel, als [Produzent] Moritz Seeler mit seinem Spielfilm MENSCHEN AM SONNTAG in die großen Uraufführungskinos zog, als ein Außenseiterfilm in den geheiligten Ring der Fachleute einbrach. Jetzt ist derselber Robert Siodmak, der bei Seeler Regie führte, längst Regisseur bei der Ufa, und – mit diesem Film – Erfolgsregisseur. Starregisseur. Nur von den Außenseitern kann der Film erneuert werden. […]
Siodmak ist bereits ein großer Könner. Es gibt kaum eine Lücke. Alles ist zwanglos übersteigert. Also vom Film aus ein großer Fortschritt, der nicht genug gelobt werden kann. Von Siodmak aus: Warum knüpft er nicht an den einfachen Stil der MENSCHEN AM SONNTAG an? Diesen für den Tonfilm zu entwickeln, wäre, glaube ich, fruchtbarer gewesen, als den »Operettenstil« zu übernehmen und besser und ausgezeichnet zu machen. Ich kann nicht lachen, wenn der Verbrecherklub der »Weißen Weste« Gesangsübungen macht und Friedrich Hollaender mit Dolch und Revolver dirigiert. Ein billiger Humor. Requisiten, die die Genies des Groteskfilms, Chaplin und Keaton, verwenden können, die aber läppisch wirken, wenn sie Regienuancen und Programm werden. Davor muß man sich hüten.
Die Darstellung war ausgezeichnet. Heinz Rühmann, der im Tonfilm nahe daran war, sich an zappelige Operettennuancen zu verlieren, ist hier von einer reizenden Ruhe, von einem köstlichen Phlegma. Das ist seine Natur! Herrlich! Lien Deyers stört nicht. Raimund Janitschek als Mörder und Speelmans als Jim sind kostbar. Die Musik ist von Friedrich Hollaender (der auch mitspielt). Sie ist, für meinen Eindruck, zu bewußt stilisiert, zu bewußt karikaturistisch.
Herbert Ihering: Der Mann, der seinen Mörder sucht
Berliner Börsen-Courier, 6.2.1931