Als in Amsterdam dem Bankboten Brand 50.000 Englische Pfund abhanden kommen, ist dies für ihn katastrophal: Nicht nur ihm, auch seiner Tochter Willy wird gekündigt, beiden droht die Obdachlosigkeit. Schon gedenkt Brand aus dem Leben zu scheiden – da will sich das überschuldete Internationale Finanzierungsinstitut auf seine Kosten sanieren, indem es den vermeintlichen Dieb zum Direktor ernennt. Beinahe zu spät durchschaut der soziale Aufsteiger die Schwindelfirma und die kapitalistische Logik ihrer »Immobilienblase«, nach der er nun handeln muss, sehr zum Entsetzen seiner Tochter und seines proletarischen Schwagers Ferdinand.
Ein niederländischer Film? Nun, daran zweifelt man zuerst, wenn der Vorspann des Films von Regisseur Max Ophüls mit all den ausländischen Namen abläuft … Aber man ist bald beruhigt. Da kommt ein Sprecher, der es mit Geschichte und Moral hat, der hin und her orakelt. Wir sind also doch in einem Film aus niederländischem Hause …
Elegant und sicher wird die Geschichte auf das Zelluloid geschrieben, das war bis jetzt im niederländischen Film unbekannt. Der Beginn mag zwar ein bißchen prätentiös wirken und ist wohl auch von der Drei-Groschen-Oper inspiriert, doch bald ist man erfreut und überrascht, wie geschickt das Medium Film hier gebraucht wird. Es wimmelt von virtuosen kompositorischen Übergängen, von filmischen Rhythmen. Der Film in seinem Witz und Charme ragt kilometerweit über das bekannte Jordaan-Niveau hinaus, ja, vielleicht wird er sogar im Ausland noch mehr Anerkennung gewinnen als in den Niederlanden. Mehr in diesem Film deutet auf internationales Niveau. So hat der Filmarchitekt Heinz Fenschel eine brillante Ausstattung entworfen. Zum ersten Mal wurde in einem niederländischen Film wirklich ausgeleuchtet, die Kameraarbeit ist vortrefflich, und auch die Texte von Alex de Haas und die Musik von Max Tak stehen weit über dem üblichen niederländischen Niveau. Kurz: ein Film mit internationalen Qualitäten, der im Detail doch niederländisch bleibt. In keinem Film der Welt wird unser nationales Verkehrsmittel, das Fahrrad, so überzeugend und geschickt filmisch miteinbezogen, und auch die typische Amsterdamer Gracht mit dem echten niederländischen Angler fehlt nicht.
Das Beste, das, was dem niederländischen Film die meiste Hoffnung gibt, ist hier überzeugend festgehalten: die Menschen. Es besteht kein Zweifel: mit niederländischen Darstellern kann man Filme machen. Der Bankbote Brand (Herman Bouber), das ist ein wirklicher Mensch, aus dem das Leben strahlt. Und dann Cor Ruys, der Typ des Geldmannes ohne Gewissen und ohne Geld, ist in einigen Großaufnahmen überraschend gut und suggestiv. Auch Matthieu van Eysden zeigt, was in ihm steckt. Und Rini Otte überzeugt, wenn es darauf ankommt, sie kann es, und auch die kleinen Nebenrollen, ein Polizist, ein Butler, ja selbst ein niederländischer Filmhund.
Diese KOMEDIE OM GELD kann hartnäckigen Pessimisten des niederländischen Films –und für Pessimismus gab es in letzter Zeit Gründe genug – wieder Mut geben. Cinetone und Will Tuschinski haben hoch, aber gut gegriffen. Bleibt die Frage, ob diese KOMEDIE OM GELD die großen Produktionsinvestitionen einspielen wird. Laßt uns in Massen ins Kino gehen.
Hochgegriffen … aber geglückt!
Rotterdamsch Nieuwsblad, 7.11.1936
Die Filmwissenschaftlerin Kathinka Dittrich kommentierte 1983 die niederländische Pressestimme:
»All die ausländischen Namen …« heißt es besorgt im Rotterdamsch Nieuwsblad. […] Gemeint, aber nicht ausdrücklich genannt, sind die deutschen und österreichischen Emigranten. Andere Ausländer findet man im niederländischen Film jener Jahre nicht. Diese »Ausländer« werden von den Produktionsgesellschaften für einige Wochen, höchstens Monate ins Land geholt, um beim Aufbau der niederländischen Spielfilmindustrie zu helfen. Und das glückte auch. Während 1932 und 1933 kein einziger niederländischer Spielfilm die Kinos erreichte, gingen zwischen 1934 und 1940 37 abendfüllende Spielfilme in Premiere. Bei 36 Filmen hatten Emigranten mitgeholfen.
KOMEDIE OM GELD ist ein typisches Beispiel dafür: Wie in diesem Film arbeiteten die Emigranten hinter den Kulissen, unsichtbar für das Publikum, das seine niederländischen Stars in niederländischer Sprache sah und hörte. Daß die tragenden Funktionen, nämlich Regie, Kamera, Ton und Schnitt, in der Regel von Emigranten ausgeführt wurden, das wußten nur die Insider.
Max Ophüls war aus Paris in die Niederlande gerufen worden, wohin er nach Ablauf der Filmarbeit auch sofort wieder zurückkehrte. Der berühmte Kameramann Eugen Schufftan hatte zwischen Frankreich und England gependelt. 1939 emigrierte er in die USA, wo er 1977 einsam und verlassen in New York starb. Auch der Co-Drehbuchautor Walter Schlee war aus Berlin emigriert. Er blieb ein paar Jahre in den Niederlanden, heiratete die niederländische Schauspielerin Dolly Mollinger, schrieb zwei weitere Drehbücher und soll nach dem Krieg als Kellner in London gesehen worden sein. Von dem bekannten Architekten Heinz Fenschel, ebenfalls Emigrant, heißt es, es sei ihm gelungen, später nach Israel zu emigrieren. Die niederländischen Gestapo-Unterlagen machen dies zweifelhaft. Der letzte Emigrant in diesem Film ist schließlich Heinz Lachmann, Musiker. Für viele niederländische Spielfilme der dreißiger Jahre hat er die Musik arrangiert. Im Krieg gelang es ihm unterzutauchen. Er lebt heute noch in Amsterdam.
Auffallend im Rotterdamsch Nieuwsblad ist auch die wiederholte Betonung des echt niederländischen Charakters, der doch internationale Züge aufweise. Tatsächlich war das verfilmte Thema im Gegensatz zu den meisten Stoffen der niederländischen Unterhaltungsfilme jener Jahre nicht rein holländisch. Er spielte nicht im zilleartigen Stadtviertel Amsterdams, dem Jordaan, wie viele andere Filme und auch nicht in den Dünen und am Meer, wie es eine »echt holländische« Filmgegenströmung versuchte. Das heitere Thema hätte in jeder anderen Stadt abrollen können. Auch die Schauspieler setzten sich nicht nur aus den berühmten Kabarett- und Revuestars zusammen, die sich zwischen einfacher Handlung und heiter gesungenen Schwänken bewegten. So war die weibliche Hauptrolle blutige Anfängerin: Rini Otte, auf die der Film viel Hoffnung gesetzt hatte, heiratete später Fritz Landshoff, den emigrierten Verleger und Leiter des Exilverlages bei Querido.
Kathinka Dittrich: Kommentar zur Pressestimme
Informationsblatt 2, Internationales Forum des jungen Films, Berlin/West, 1983