Der Jurist Frans van Loon ist Sohn und Enkel eines Kapitäns. Auch Frans liebt die See, arbeitet seiner Frau Nel zuliebe aber als Anwalt. Wirklich glücklich ist die Ehe nicht. Daher rückt Frans im August 1939, als die Niederlande die Mobilisierung verkünden, nicht ungern bei der Marine ein, wo er sich zum Minenentschärfen meldet. Eine lukrative, aber auch gefährliche Aufgabe, die er seiner Frau verschweigt, um die über alles geliebte Nel nicht unnötig zu beunruhigen. Nel wiederum verschweigt ihm, dass sie sich in den Schauspieler Erik Detmar verliebt hat, der bei der Marine ein Truppentheater leitet. Als dieser ihr von Frans’ Tätigkeit berichtet, kommt es zwischen den Eheleuten zu einem heftigen Streit. Nel ist entschlossen, Frans zu verlassen. Doch auf der Autofahrt mit Detmar durch ein Küstengebiet, das wegen akuter Minengefahr evakuiert wird, gelangt sie an das Tagebuch ihres Mannes, den sie nach einer Explosion auf See für tot halten muss. Die Lektüre öffnet ihr die Augen.
Im Studio rumort es. Vorbereitungen für eine neue Szene. Scheinwerfer werden geschleppt. Da wird genagelt und diskutiert. Geschminkte Marinesoldaten laufen unsicher hin und her, obwohl sie sich wohlfühlen in diesen Aufbauten, was schon eine Überraschung an sich ist. Denn wenn man nicht gerade nach hinten schaut, wähnt sich jeder Marinesoldat in einem Modell eines großen Minenlegers. Da ist der Niedergang, da sind die nummerierten Spinde, die Tische mit karierten Decken, das Geschirr und die Luken, durch die das plätschernde Wasser außenbords – das in Wahrheit gar nicht vorhanden ist – ein schaurig lebensechtes Lichtspiel auf die Wände der Mannschaftsräume wirft.
In solch einer Umgebung muss sich jeder Marinesoldat schnell heimisch fühlen. Der Boden wird für Proben präpariert.
Ruhe!
Und dann rasen drei Marinesoldaten unter den kritischen Augen des Dr. Ludwig Berger die Treppe herunter. Drei neue Männer melden sich an Bord: Matthieu van Eysden, der sich mit einer lässigen Gleichgültigkeit beim Quartiermeister vorstellt. Er ist der Wortführer des Trios, akribisch nennt er seinen Namen: »Beyer, Herr Quartiermeister. Beyer mit langem ij, ohne Punkte.« Hinter ihm, ein wenig linkisch auf dem für sie neuen Schiff, Max Croiset und Jan de Hartog.
»Du hast die Schranknummer So-und-so, hier der Schlüssel. Du die Schranknummer …«
Sie tippen an ihre Mützen. Drei neue Männer an Bord des Jan van Brakel. Drei Marinesoldaten des Minenlegers. Minendienst auf Duivendrecht.
Seit einigen Wochen wird hier zügig an einem neuen holländischen Film gearbeitet, ERGENS IN NEDERLAND, einem Film über die Mobilisierung, einem Spielfilm der Königlichen Holländischen Marine, für den Ludwig Berger und Jan de Hartog, der Seemann-Schauspieler, das Skript und das Drehbuch geschrieben haben. In den Cinetone-Studios brummt es bei der Filmarbeit. Und in einigen Wochen werden die Außenaufnahmen, an denen die ganze Flotte beteiligt ist, der Arbeit die Krone aufsetzen.
Die Marine zwischen gepolsterten Wände, unter zehntausenden Watt Licht und unter einer orange-braunen Schminke, die auch eine dauernd brennende Sonne nicht hervorzaubern könnte. Schauspieler und Marinesoldaten im gestreiften Kittel, im blauen Hemd und mit schmuckem Ausgeh-Kragen. Oder auch in der nicht allzu sauberen Arbeitskleidung des Smutje, der für den Haushalt an Bord Sorge trägt.
Es ist ein Film, auf dem hohe Erwartungen ruhen, zumal man weiß, dass das Publikum ein unberechenbarer Faktor ist. Es akzeptiert einen Film oder es lehnt ihn ab.
Licht! Ruhe! Kamera!! Der Marine-Film »Ergens in Nederland« – Aufnahme-Tag in Duivendrecht
Rotterdamsch Nieuwsblad, 23.2.1940
Gestern Abend kam der neue niederländische Film #Ergens in Nederland# im überfüllten City-Theater zu seiner offiziellen Uraufführung. Das Interesse von Seiten der Filmwelt war natürlich groß, und auch verschiedene Behördenvertreter wohnten der Vorstellung bei: Vor allem die Marine, die diesem Film ihre Mitarbeit angedeihen ließ, war zahlreich zugegen.
Es war nicht schwer, festzustellen, dass man von der Vorführung dieser jüngsten niederländischen Produktion sehr eingenommen war. Man folgte mit Interesse diesem Streifen, hatte bei vielen amüsanten Zwischenspielen ein herzhaftes Lachen bereit, und auch das tiefe Schweigen, dem ein Sich-Räuspern folgt, war gut spürbar. Am Ende gab man schließlich mit kräftigem Applaus seine Wertschätzung und Hochachtung für diesen neuen Film nachdrücklich zu erkennen. Es war ein großer Erfolg, und man war begeistert.
Die Begeisterung wiederholte sich in frenetischem und andauerndem Applaus, als die Darsteller im Rampenlicht erschienen: Lily Bouwmeester, darauf der Regisseur Dr. Ludwig Berger, der den Marine-Behörden für deren Mitarbeit seinen Dank aussprach, Jan de Hartog, dessen Filmdebüt enthusiastisch bejubelt wurde, Eduard Verkade, Rini Otte, Piet Köhler, Produktionsleiter Rudolf Meyer und viele andere, für die hübsche Blumensträuße und -gestecke herbeigetragen wurden.
Premiere im City von »Ergens in Nederland«
Neuer niederländischer Film mit Begeisterung aufgenommen
Algemeen Handelsblad, 13.4.1940
Mit dem Film ERGENS IN NEDERLAND betritt unsere Filmindustrie zum ersten Male das Gebiet des dramatischen Spielfilms und bricht damit bewusst mit der Amüsier-Tradition, die zu lange auf den heimischen Filmstudios lastete. Gegen einen guten Amüsierfilm bestehen keine Einwände, aber eine Filmindustrie, die sich auf dieses Genre festlegt und krampfhaft die sonnige Seite des Lebens erkundet, muss sich letztlich festfahren, sowohl durch Mangel an originellen Ideen als auch durch das Fehlen von erneuernden Einflüssen. Nun hat Ludwig Berger mit seinem neusten Film den Bann gebrochen.
Aus der Wechselwirkung des fiktiven Dramas und der aktuellen Realität von Mobilisation, Flutungen, Evakuierung, Minengefahr und der Rolle der Armee und Marine in diesen Tagen entsteht erst der Film, der als Ganzes zum faszinierenden Zeitdokument wird, bei dem wir gerne einige Unwahrscheinlichkeiten übersehen.
Regisseur Ludwig Berger hat sich diese Wechselwirkung gut zu Nutze gemacht. In größtenteils ausgezeichnet gefundenen Übergängen verknüpft er den Lauf der häuslichen Vorfälle mit der dramatischen Entwicklung der aktuellen Ereignisse, die er mal parallel nebeneinander, mal in Kontrastwirkung zueinander platziert.
C. B.: Ergens in Nederland – Erster niederländischer dramatischer Spielfilm
De Maasbode, 13.4.1940
Nun haben wir also unseren Mobilisationsfilm, einen Film, der anknüpft an das, was uns im vergangenen Jahr in Spannung versetzt hat: Kriegsgefahr, Armee, Flutung, Wasserlinie, Evakuation und was nicht noch alles. Opportunismus? Dies liegt nahe, wie denn auch der Titel des Films, IRGENDWO IN DEN NIEDERLANDEN, – in Zusammenhang mit dem Inhalt sinnlos! – opportunistisch ist. Aber man braucht es Ludwig Berger deshalb noch nicht übel zu nehmen, dass er diesen Stoff gewählt hat. Im Gegenteil, man kann es zu schätzen wissen, dass er – sich von dem üblichen Amüsiergenre losmachend – diesen Film aufgegriffen hat, um etwas vom Geist der Zeit zum Ausdruck zu bringen. Umso mehr kann man dies, weil er offensichtlich bestrebt war, eine Intrige zu erfinden, die nicht mit der Ernsthaftigkeit des »historischen« Hintergrundes in Konflikt kommen würde. Das seriöse »Filmdrama« ist ein Genre, an das die niederländische Filmindustrie sich vorher so gut wie nie herangewagt hat (VERTIG JAREN [Johann de Meester & Edmond T. Gréville, 1938] ist auch in dieser Hinsicht eine Ausnahme). Und es spricht für Ludwig Berger, dass er nicht auf einen billigen Erfolg, zum Beispiel mit einer Militärklamotte, aus war. Stattdessen hat er den Realitätssinn des Publikums mit seinem Film anregen wollen, anstatt es, indem er der Zeit einen Lachspiegel vorhält, zu entspannen. Ob wir denn vollends mit ERGENS IN NEDERLAND zufrieden sein können?
Zunächst sei festgestellt, dass Ludwig Berger einen Film gemacht hat, der der niederländischen Filmindustrie sicherlich keine Unehre tut. Von einem Regisseur, der PYGMALION gemacht hat, unbestreitbar einen unserer besten Filme, hatten wir natürlich auch nichts anderes erwartet. ERGENS IN NEDERLAND kann, als Ganzes genommen, als gut gelungener niederländischer Film bezeichnet werden, der ausreichende Qualitäten besitzt, um den Erfolg zu gewährleisten, der so sehr nötig ist, um den Fortbestand der niederländischen Filmproduktion zu ermöglichen. Ein auf seine Art toller Film – wie PYGMALION – ist es meines Erachtens nicht geworden, und daran sind sowohl das Drehbuch als auch die Regie schuld.
J. H.: Ergens in Nederland – Der neue Film von Ludwig Berger und Jan de Hartog
Het Vaderland, 20.4.1940
Der niederländische Film hat endlich durch Verbesserung des Inhalts die Möglichkeit gefunden, auf internationales Niveau zu gelangen. Mit ERGENS IN NEDERLAND ist zum ersten Mal ein Film gemacht worden, der sich mit ausländischen Produktionen messen kann.
Man möge Dr. Ludwig Berger dankbar sein, dass er, nach PYGMALION, jetzt wiederum einen Film gemacht hat, der – obwohl daran in der Tat einiges kritisiert werden könnte – im Ganzen genommen eine angenehme Überraschung ist.
Denn hinter den Ereignissen in diesem Film erklingt das Lied unseres Volkes, kommt unser Volkscharakter zum Leben. Allein schon deswegen ist dieser Film vollkommen des Interesses wert.
J. v. E.: Ergens in Nederland
Oprechte Haarlemsche Courant, 11.5.1940