Nach einem Bühnenstück von Karel Čapek. Der Führer und Marschall eines militärisch hoch aufgerüsteten Landes ist zum Krieg entschlossen. Der Überfall auf einen kleineren benachbarten Staat steht unmittelbar bevor. Gleichzeitig grassiert im Land eine tödliche Seuche: die weiße Krankheit, die ausschließlich Menschen im fortgeschrittenen Alter befällt. Einzig der Armenarzt Dr. Galén weiß sie zu heilen – zunächst in einer staatlichen Klinik, nach politischen Divergenzen mit deren Chefarzt in der privaten Praxis. Denn Galén will ausschließlich den Armen und dem Frieden dienen. Er weigert sich, den Rüstungsindustriellen Baron Krog zu kurieren, als dieser die Produktion von Kriegswaffen nicht einstellen will. Auch die Androhung des Marschalls, Galén in Beugehaft zu nehmen, ändert nichts daran. Doch dann erkrankt der Diktator selbst an der Seuche. Die Wahl zwischen Krieg oder Frieden wird nun auch für ihn selbst zu einer Frage von Leben und Tod.
Karel Čapeks überaus erfolgreiches Stück »Die weiße Krankheit« ist ein nicht weniger packender Film geworden, was durchaus ja nicht so selbstverständlich ist, wie es scheint, denn bekanntlich lassen sich nicht alle guten Theaterstücke zu einem guten Film umgestalten, während schlechte Stücke oft auf der Leinwand zu eigentlichem Leben erwachen. Die große und tiefe Wirkung, die von Čapeks Film ausgeht, ist der interessanten Handlung, aber im selben Maße auch dem ethischen Wert zuzuschreiben, der dem Sujet innewohnt; vielleicht sogar in erster Linie dem Ethos des Films, das – anders als in den meisten Tendenzfilmen – ungezwungen, gleichsam mit Naturgewalt, hervorbricht. Es wurde bei der Premiere dieses Films oft mitten in Szenen, die sich gegen die Gewalt, gegen den Krieg wendeten, stürmisch applaudiert. – Hugo Haas, der Regisseur dieses Films, hat das Stück nicht wesentlich verändert; die Gegenüberstellung der beiden Weltanschauungen, die heute in Europa miteinander ringen, kommt im Film noch etwas schärfer heraus als in der Bühnendichtung. Haas gibt – wie auf der Bühne – auch in dem Film den menschenfreundlichen, genialen Armenarzt Doktor Galén, der zuletzt von einer kriegsbegeisterten Menge erschlagen wird. Man ist von der Gestalt, die Haas mit den einfachsten Mitteln formt, erschüttert.
– r: Die weiße Krankheit
Deutsche Zeitung Bohemia, 23.12.1937
Karel Čapek ist einer der wenigen unter unseren Autoren, die in jeder Hinsicht als Autoren von Weltrang bezeichnet werden können. Auch sein Theaterstück »Die weiße Krankheit«, welches als Vorlage zum vom Regisseur Haas gedrehten gleichnamigen Film diente, trug auf entscheidende Art und Weise dazu bei, dass dieser Film ohne jeden Zweifel Weltniveau hat. Dies hat die Uraufführung am Dienstag im Prager Kino »Alfa« voll bestätigt.
Das Thema von »Die weiße Krankheit« ist aus Vorstellungen auf professionellen Bühnen sowie in etlichen Amateurtheatern und nicht zuletzt durch die Attacken einer bestimmten Art von Presse (die jetzt allerdings seltsamerweise in aller Ruhe Einladungen zur Vorführungen von #Die weiße Krankheit# druckte) bekannt […]. Im Film wird ein optimistischeres Ende angedeutet: Dr. Galén hatte das Geheimnis der Herstellung seines Medikaments dem Arzt Martin aus dem kleinen Land anvertraut, das überfallen wurde. Und Martins Gesicht erscheint am Schluss des Films als Versprechen, dass der Frieden geschlossen und die Menschheit sowohl von der Krankheit wie auch vom Wüten des Krieges geheilt werden wird.
Čapeks Werk ist ein typisches zeitaktuelles Stück mit ewig gültigen Charakteren. Wir wissen nicht, welche Wirkung es in zwanzig Jahren haben wird, wenn die heutigen Diktatoren ausgestorben sein werden. Aber die Figuren des Dr. Galén, des Prof. Sigelius, auch des Marschalls, der an seine göttliche Mission glaubt, oder des in seinem eigenen Egoismus gefangenen Vaters und Oberbuchhalters werden gleich den Figuren Molières und Shakespeares in die Weltliteratur eingehen. Und „Die weiße Krankheit“ wird Teil der Schullektüre bleiben als Vorlage für ein Stück, dessen Wirkung sich mathematisch berechnen lässt.
Diese Eigenschaft haben die Drehbuchautoren des Films noch verstärkt. Ja, auch als Film ist DIE WEISSE KRANKHEIT ein Werk, welches Spuren von Theater enthält. Vielleicht wird gerade das Übermaß an Dialogen (die man allerdings nicht weglassen konnte) verhindern, dass die Kraft des Werks, die wir hier so stark empfinden, auch im Ausland verstanden wird. Der Rhythmus der Anfangsszenen, in denen die Handlung organisch strukturiert ist, sowie der zweite Teil mit dem virtuosen Dialog zwischen Dr. Galén und dem Diktator, die sparsamen, aber aussagekräftigen Andeutungen des Vorrückens der Krankheit in der Welt, die Schrecken der Kampfhandlungen, die Angeberei des Vaters, die Massen der Armen, der Kriegszug der Armee (obwohl nur aus einigen wenigen Bildeinstellungen bestehend), das alles besitzt eine Wucht und Überzeugungskraft, die wir wahrscheinlich seit den ideologischen Werken von Pabst nicht mehr erlebt haben. […]
DIE WEISSE KRANKHEIT wird einen Siegeszug durch unser Land antreten, um Hunderttausenden Kraft einzuflößen; und sie wird sich sicherlich auch im Ausland durchsetzen, um alle daran zu erinnern, dass wenn das tschechoslowakische Volk siegte, es dies immer mit der Überlegenheit des Geistes über die physischen Waffen tat – obwohl es auch mit diesen verdammt gut umzugehen wusste.
Josef Trojan: Riesenerfolg des Films "Die weiße Krankheit"
Právo lidu, 23.12.1937
This last picture made by the Czechs from one of the last plays of their late great playwright, Karel Capek (R. U. R.), is reported to have been smuggled out of Czechoslovakia shortly after the German invasion. It is a lurid appeal for pacifism. […]
Though Fannie Hurst, who wrote the English titles, considers it a “film destined to change the history of civilization,” so far it has changed only the addresses of its cast. One of the first acts of the Nazi invaders was to arrest most of the actors in SKELETON ON HORSEBACK. Actor Hugo Haas escaped to France. Actress Karla Olicova, a niece of ex-President Benes, is missing. The dictator of the picture, Zdanek Stepanek, is in an unknown concentration camp.
Skeleton on Horseback (Czech)
Time Magazine, 19.2.1940
There are several reasons why one could wish that SKELETON ON HORSEBACK, now showing at the Belmont, were a more vital and affecting film than it is. It was the last picture, outside of newsreels, made in free Czecho-Slovakia before that country’s dismemberment by Nazi Germany. It was based upon one of the last plays of Karel Capek, the prescient Czech author of whom Thomas Mann wrote passionately: “If ever a man died from a broken heart, he did.” Many of the actors who played in it are now in concentration camps or wandering in exile. And the story is one which must wring a sympathetic response from the heart of every opponent of fascism and mass brutality.
Thus it would be gratifying to report that the picture possesses a tragic sweep and intensity commensurate with the unwritten epilogue which subsequent events have attached to it. And it should, for the story is woven around the classic theme of an heroic individual fighting humanity's battle against the superior forces of darkness. […]
Except in fleeting, flashlit moments, the picture fails to capture the monstrous irony of this story, chiefly because it is paced monotonously, lacks clear emphasis and is crudely edited. Hugo Haas, who directed the picture and also plays the leading role, creates such a ponderous and diffident character that his authority as a saviour is open to vague suspicion. Zdanek Stepanek as the dictator struts and postures on the border of burlesque, except for his final scene in which his basic cowardice is revealed. It’s too bad that all of the picture is not as absorbing as its last five minutes.
Frank S. Nugent: Skeleton on Horseback
The New York Times, 5.2.1940