Friedel sucht schon lange vergeblich eine Stellung. Als sie sieht, dass im Dalmasse-Hotel ein Page gesucht wird, verkleidet sie sich kurzentschlossen als Junge und erhält daraufhin die Stelle. Als der Baron von Dahlen im Hotel eincheckt, verliebt sich Friedel in den älteren Herrn. Dieser sieht in ihr aber nur den devoten Pagen und wird seinerseits von der Amerikanerin Mabel umworben, die mit ihrer Mutter im Hotel wohnt. Friedel findet heraus, dass die beiden Damen in Wirklichkeit keine reichen Amerikanerinnen, sondern gemeine Hochstaplerinnen sind, und versucht nun alles, um die Liaison mit von Dahlen zu verhindern. Schließlich gelingt es ihr, die Damen bloßzustellen. Als von Dahlen abreisen will, ist sie todunglücklich, doch er nimmt sie mit auf sein Gut, da er dort einen Diener gebrauchen kann. Von Dahlens Mutter erkennt sofort die junge Dame im Pagenkostüm. Gerne klärt sie ihren Sohn darüber auf, der nun Friedel begeistert in die Arme und zur Frau nimmt. Die Hochzeitsreise verbringen sie natürlich im Dalmasse-Hotel.
Der Gloria-Palast stand gestern im Zeichen eines starken Premierenerfolgs. Die gepflegte Lustspieltradition, die die Ufa in diesem geschmackvollsten aller Berliner Lichtspieltheater hütet, fand hiermit eine erneute, erfreuliche Bestätigung. Immer wieder konnten sich Regisseur und Darsteller persönlich vor der Rampe zeigen, mit Recht klatschte man ihnen zu. Dieser Übertragung des Buches auf den Film ist gelungen, besonders, was die Durchführung der Handlung bis auf das letzte Drittel anbetrifft. (Gegen Schluß geht die Sache nämlich, was im Film besonders stark auffällt, ein bißchen zu rasch vor sich, zu leicht über Gegebenheiten und Gebundenheiten hinweg – was aber allerdings wieder durch die treffsichere Schlußszene selbst publikumswirksamen Ausgleich findet …) In geschickter Weise wurden von Wassermann die verschiedenen Spannungsmomente ausgenutzt, eine amüsante Kriminalgeschichte mit einer attraktiven Dosis »Liebeslust und -leid« aufgerollt. Ja, man kann sogar nicht leugnen, daß einiges direkt »zeitnah« ist.
Eine freudige Überraschung bot die Regie Victor Jansons. Man kennt diesen geschickten Spielleiter aus verschiedenen leichten Filmen, bei denen ein Publikumserfolg nicht ausblieb. Daß aber Janson einen so leichtbeschwingten, in vielem ausgesprochen kultivierten Film drehen würde, hätte man doch nicht gleich gedacht. Ein wohlverdienter Erfolg, zu dem man aufrichtig gratulieren darf. Verschiedene Partien forderten übrigens »bei offener Szene« durch ihren Rhythmus erheblichen Beifall heraus. Die Durchformung des Ganzen zu einer einheitlichen Arbeit, in seiner leichten Flüssigkeit darf wohl Jansons Fingerspitzengefühl zugesprochen werden. Ebenso wie die ausgezeichnete Haltung eines Großteils der Darsteller.
An deren Spitze steht entschieden der reizende »Page« der Dolly Haas. Es ist eine wahre Freude, ihrem Spiel zu folgen. Ein allerliebster Junge, leicht verschämt, ein wenig forciert keck, eine Freude für das Auge: das alles bietet einem dieser kleine Künstlerin. Welch glänzender Kontrast übrigens zu ihrer Jungen-Darstellung die Gestalt des reizenden Mädchens, das sie besonders zum Schluß darzustellen weiß. Eine Künstlerin, die über reiche Mittel verfügt und diese auch anzuwenden versteht. Erhebliches Interesse erweckt naturgemäß auch Harry Liedtke. Sehr angenehm wirkt bei ihm, daß er nicht den jungen Mann herausstellen will, sondern bewußt ins reifere Alter zurücktritt. Wenn auch das Spiel hin und wieder in dieser Beziehung kontrastiert, so bietet doch Liedtke alles in allem eine annehmbare Leistung. Ganz vorzüglich aber: Trude Hesterberg als hochstapelnde »Amerikanerin«; eine Gestalt von Fleisch und Blut, mit ausgezeichneten Momenten. Von den übrigen seien hier noch Gina Falkenberg, Hans Junkermann, Walter Steinbeck, H.A. v. Schlettow genannt, von denen jeder an der richtigen Stelle eingesetzt wird. Recht amüsant wieder der pfiffige Hans Richter und die ganz mächtige Martha Ziegler als mannstolle Dienstmagd.
–J–: Der Page vom Dalmasse-Hotel
Lichtbild-Bühne, Nr. 277, 24.11.1933
Erst durch Dolly Haas wird der Film, den Walter Wassermann nach einem Roman von Maria Peteani mühelos verfaßt und Victor Janson nicht ohne Mühen inszeniert hat, zur amüsanten Unterhaltung. Treppenhäuser und Korridore sind die weiträumigen Spielplätze für Dolly Haas. Die Pagenuniform paßt ihr ausgezeichnet – fast wie ein Maßanzug aus allererster Hand. Sie nimmt die Treppen des Hotels im Sturm und alle Hindernisse des Manuskripts im Fluge. Sie bleibt auch dann noch reizend, wenn ihr mal eine Pointe nicht so ohne weiteres glückt, wenn ihre selbstverständliche Natürlichkeit nicht mehr ganz ausreicht. Dolly Haas beherrscht den ganzen Film.
Im Ensemble guter Darsteller manche Träger eines populären Namens. Harry Liedtke spielt den Baron von Dahlen als netten älteren Herrn vom Lande. Trude Hesterberg, Hans Junkermann, Gina Falkenberg, Hans Adalbert Schlettow halten sich erfolgreich auf üblichem Lustspielniveau. Zwei fallen besonders auf: der kleine Hans Richter, der von Film zu Film größer wird – nicht nur äußerlich; der ausgezeichnete Sprecher Albert Hörrmann, der aus einem Kriminalkommissar eine Figur von persönlichster Prägung macht. Das Parkett unterhielt sich glänzend. Manche Szene wurde mit stürmischem Sonderapplaus bedacht. Am Ende großer Beifall.
P.A.O. [= P.A. Otte]: Der Page vom Dalmasse-Hotel
Berliner Tageblatt (Abendausgabe), 25.11.1933
Man hätte sich im Spiel etwas mehr Tempo gewünscht, ebenso etwas Zündendes in der Musik von Künneke, was diese in hundert Abwandlungen immer wieder bewährte Geschichte vom Mädel als Junge lockerer und spritziger gemacht hätte.
Der Page vom Dalmasse-Hotel
Kinematograph, Nr. 228, 24.11.1933