Ein St.-Pauli-Film der besonderen Art, nach dem Roman der schreibenden Hausfrau Bengta Bischoff. Der Unternehmer Werner Zibell betreibt in einem baufälligen Haus in Hamburg-St.-Pauli ein Bordell, in dem sich Frauen, die von ihren Ehemännern nicht befriedigt werden, von den agilen »Eros-Brüdern« beglücken lassen. Diese erfüllen jede Art von Wunsch. Nur verlieben dürfen sie sich nicht, dann müssen sie das Haus verlassen. Gerade nimmt Zibell, der im »gelben Haus« nur unter dem Namen »der General« bekannt ist, den kecken Jüngling Stefan Bornemann als Neuzugang auf. Bornemann bezieht in dem Haus ein Zimmer und stürzt sich neugierig in die Arbeit. Doch in Wirklichkeit möchte er dort nur Studien betreiben für eine Schrift über »die Psyche der Frau im reiferen Alter«. Währenddessen wird Zibell von seiner Frau Clarissa bedrängt, das Bordell aufzugeben. Ihre gemeinsame Tochter Luise darf von den Geschäften des Vaters nicht wissen. Dann lernt Luise jedoch einen jungen Mann kennen, verliebt sich und will ihn heiraten. Dabei handelt es sich ausgerechnet um Stefan Bornemann.
Bengta Bischoff ist ihr Name und sie dichtet gar so fein. Nun hat sie sich ein Porno-Märchen zurechtgelegt und zwischen Plüsch und Nippes aufgeschrieben. Bengta ist 60 und Kapitänswitwe, wohnt in Hamburg-St.-Pauli und hat mit ihrer Erfindung »Das gelbe Haus am Pinnasberg« die naive Literatur Deutschlands so richtig bereichert. Krimi-Regisseur Alfred Vohrer ist seinem Metier untreu geworden und hat’s verfilmt.
Die Träumereien Bengta Bischoffs gehen so: Am Hafen steht ein Haus, das ist ein Freudenhaus für Frauen. Eine stramme Mannschaft ist dort tätig und macht die Damen glücklich.
Und nun sieht man: tätowierte Männergesäße, bullerige Bizeps, stramme Ordnung bei intimer Pflege. Und dann sieht man weiter: lüsterne Dämchen, blanke Popochen, schlackernde Brüstchen. Und danach erlebt man: Juhu, alles durcheinander, Kuddelmuddel und viel süße Spielchen mehr. Dazwischen hört man: manches naive Sprüchlein, Bettkanten-Philosophie, soviel herzige Bettkanten-Philosophie. Das ist, mit Verlaub gesagt, manchmal zum Kotzen. Stellenweise ist es aber auch ganz lustig, aber nur stellenweise; doch darstellerisch gesehen gibt es ein paar ausgesprochene Pluspunkte: Eddi Arent zum Beispiel als Majordomus mit Geigentick, Siegfried Schürenberg als Boß vom Ganzen und Bengta Bischoff als Bengta Bischoff. Die Autorin spielt nämlich mit und erklärt, wie es weiter geht mit dem Sex.
W. Aschemann: Das gelbe Haus am Pinnasberg
Hannoversche Presse, 28.2.1970
Mit sechzig Jahren schrieb Bengta Bischoff den gleichnamigen Roman von dem Männerbordell, verglichen mit anderen Werken des Genres eine relativ witzige Angelegenheit. Doch bei der Verfilmung ging die unterhaltende Naivität der Schilderung dieser Grandma Moses der Pornographie flöten, sie wurde durch Konvention und Routine ersetzt, so daß das Produkt einer üblichen Bordellgeschichte gleicht, wenn es auch etwas besser und ironischer gemacht ist. […]
Der Witz des Films liegt darin, daß dieses bekannte Grundschema von einem »normalen« Bordell auf ein männliches übertragen ist, daß das Institut männliche Angestellte und weibliche Kunden hat. Das führt zu einigen Pointen, manches ist ganz komisch, zumal im Krimi-Spezialisten Alfred Vohrer ein Regisseur da ist, der weiß, wie man einen Film macht – im Unterschied zu anderen Sexfilmproduzenten. Aber sonst unterscheidet sich der Film nicht allzu sehr von der üblichen Produktion, die Geschichte zerläuft, gleitet ab, wiederholt sich und ermüdet, Ironie und Parodie werden nicht durchgehalten.
gg: Das gelbe Haus am Pinnasberg
Evangelischer Film-Beobachter, Nr. 10, 7.3.1970
Mit der Gleichberechtigung ist das so eine heikle Sache, die auch ihre Probleme mit sich bringt. Nicht auf allen Gebieten nämlich stand bisher das weibliche Geschlecht mit gleichen Rechten ausgestattet neben dem männlichen. Deshalb wohl nahm sich Bengta Bischoff, eine 60-jährige Kapitänswitwe und vor allem eine heimliche Schriftstellerin, ihrer Geschlechtsgenossinnen an, zu deren Wohle sie das »gelbe Haus am Pinnasberg« ersann, ein männlicher Dienstleistungsbetrieb für erotisch unausgeglichene und sexuell bedürftige Damen. Hier kann man, gegen entsprechendes Entgelt natürlich, ungetrübt und ungefährdet seinen Freuden nachgehen, wobei einfallsreicherweise männliches Bemühen nur markiert wird, obgleich die Erosbrüder als Künstler ihres Metiers gelten.
Nicht unbedingt als Künstler ihres Faches können jene gelten, die Bengta Bischoffs im Konkret-Verlag erschienenen naiven und von Hellmuth Costard mit nicht minder naiven Zeichnungen versehenen Roman verfilmten. Da wurde zunächst einmal die Geschichte, die sich in ihrer unbeholfenen Pedanterie und in ihrer direkten Deutlichkeit ganz amüsant liest, gehörig umgekrempelt. Und alles, was unsere Filmroutiniers in die Finger kriegen, wird ja bekanntermaßen in ein Schema gepreßt. So verlor die Fabel mit ihrer Unmittelbarkeit zugleich denn auch ihre Naivität und damit eigentlich auch ihren Reiz. Was übrig blieb ist eine simple und bei allem auch keineswegs übermäßig witzige Story, deren schauspielerische Umsetzung zudem nicht sonderlich aufregend ist. Damit die bürgerliche Wohlanständigkeit ja nur gewahrt bleibe, hat man die Welt außerhalb des gelben Hauses in neureiches Milieu getaucht. Und innerhalb des Etablissements herrscht geradezu militärische Zucht und Ordnung, was den ohnehin dünnen Spaß unter Alfred Vohrers routinierter Regie keineswegs vergrößert.
Auch wenn man nach jeder der einzelnen Episoden die skurrile Autorin selbst zu hamburgischem Worte kommen läßt, der Witz der amourösen Phantasterei aus der literarischen Sonntagswerkstatt der Bengta Bischoff ist dahin; an seine Stelle trat harmlose Deutlichkeit.
V.P.: Das gelbe Haus am Pinnasberg
Der Tagesspiegel, 12.3.1970