Basierend auf Erich Kästners mehrfach verfilmtem Roman. Der Millionär Schlüter nimmt heimlich unter falschem Namen an einem Preisausschreiben seines eigenen Konzerns teil und gewinnt den zweiten Preis: einen Aufenthalt in einem luxuriösen Alpenhotel. Er beabsichtigt, dort als armer Mann aufzutreten. Zur Sicherheit nimmt er seinen Diener mit, der sich als Fabrikbesitzer ausgeben soll. Hilde, die Tochter Schlüters, versucht indes, das Hotel auf den inkognito reisenden Millionär vorzubereiten. Doch sie kommt nicht mehr dazu, den Namen zu nennen, und so wird der Gewinner des ersten Preises, der mittellose Reklamefachmann Fritz Hagedorn, für den Millionär gehalten. Während Hagedorn in den Genuss einer fürstlichen Behandlung kommt, wird Schlüter vom Hotelpersonal ausgesprochen schäbig behandelt und in einer armseligen Dachstube einquartiert. Schließlich reist auch Hilde an, um nach dem Rechten zu sehen. Hagedorn, der sich inzwischen mit Schlüter angefreundet hat, verliebt sich in sie, ohne ihre wahre Identität zu kennen.
Based on an Erich Kastner novel that has been filmed a number of times. Millionaire Schlüter secretly takes part in a contest at his company under an assumed name and wins second prize: a stay in a luxurious Alpenhotel. His intention is to play the part of a poor man and to ensure success, he asks his butler to impersonate a factory owner. Schlüter’s daughter Hilde has done her best to tip off the hotel staff that the millionaire will be traveling incognito. However, she neglected to mention the millionaire’s name, and so the hotel staff assumes that the winner of the first prize is the destitute advertising specialist Fritz Hagedorn. While Hagedorn is surprised by and enjoys a royal treatment, Schlüter is treated shabbily by the hotel staff and given a miserable room in the attic. Finally, Hilde decides to travel to the hotel to look after things. Hagedorn, who has since befriended Schlüter, proceeds to fall in love with her without knowing her true identity.
Nun haben sich auch die Österreicher für ihren Film DREI MÄNNER IM SCHNEE Erich Kästner herangeholt. Sie drehten seinen Lustspieleinfall ab von dem Millionär, der bei einem Preisausschreiben seiner eigenen Firma einen Pauschalaufenthalt in einem feudalen Wintersporthotel gewinnt und der nun, als armer Mann verkleidet, die Hotelleute auf die Probe stellt und dabei bittere Erfahrungen machen muß. Leider versäumt es der Regisseur Kurt Hoffmann, die Späße so überlegen auszuspielen, daß auch das soziale Moment dabei auf witzige Weise zu Tage tritt. Er begnügt sich mit den üblichen Lustspieleffekten, die zwar auch sehr bereitwillig hingenommen werden, weil Paul Dahlke als tiefstapelnder Millionär einen kräftigen Humor entwickelt und Günther Lüders seine bewährte Komik spielen läßt. Alles in allem ein harmloser Unterhaltungsfilm. Aber nicht mehr!
W.F.: Drei Männer im Schnee
Der Tag (Ost-Berlin), 2.7.1955
Unsere Seelenverwandtschaft mit den Österreichern ist unverkennbar, die sogenannten Lustspiele in beiden Ländern, vor allem ihre Machart, lassen es deutlich werden. Es ist immer der gleiche krampfige Humor, die lustlosen »Überraschungen«, die keine sind, weil sie seltsamerweise von allen Zuschauern vorausgesehen werden, nur vom Drehbuch-Autor nicht. Jeder »Geck« wird bis zur Peinlichkeit dick aufgetragen, wohl in der Annahme, daß Zähigkeit ein Ersatz für Geist und Ironie sei. Traurig, sagen zu müssen, daß das Buch von Erich Kästner stammt. Der war einmal ein Moralist der aggressiven, sarkastischen Art, die die Gefühle durch den Intellekt in Bewegung brachte. Nun ist er schon lange gezähmt, die Sprödigkeit und Schärfe hat sich in mild-säuerliche Anstandspredigten verwandelt, die simple Moral des kleinen Mannes ist es, für die er »kämpft«. Hier handelt es sich um einen Herrn, der sympathisch sein darf, obwohl er Millionär ist, aber doch nur, um zu demonstrieren, wie lobenswert die Gesinnung des jungen Liebhabers ist, der den weisen Millionär verehrt und sich in dessen Tochter, wie sollte es anders sein, verliebt, obwohl er ihn für ganz, ganz arm hält. Denn der spleenige Märchenonkel (den Paul Dahlke recht charmant und lustig spielt) begibt sich wie weiland Harun Al Raschid fast in Lumpen in ein Luxushotel, um die Menschen zu prüfen, sein treuer Diener begleitet ihn als Nabob verkleidet (was Günther Lüders mit komischer Verzweiflung über sich ergehen läßt).
Der Einfall ist alt, was aber noch nicht gegen ihn spräche. Auch die naive Märchenmoral, die die Guten belohnt und die Bösen bestraft, ginge noch an, wenn es mit intellektueller Überlegenheit und ironischem Abstand gemacht wäre. Hier aber wird die Moral ganz ernst genommen, die kleinbürgerliche Anständigkeit geht auf die Nerven, und Claus Biederstaedt, der mit Generaldirektorsposten und Einheirat belohnte Arme, ist fast nicht zu ertragen in seiner lieben, dümmlichen Gefühligkeit.
K.Nf.: Drei Männer im Schnee
Der Tagesspiegel (West-Berlin), 2.7.1955
Hoch klingt das Lied vom braven Millionär, der Herz und Spleen auf dem rechten Fleck hat. Sie haben bei Kästner alle das Herz auf dem rechten Fleck (oder auf Taille) – andernfalls haben sie keines (oder statt dessen viel Decolleté). Die beiden Hausvamps z.B., die Hagedorn nachstellen, bis er sich planmäßig in Schlüters Tochter verliebt, sind so schlimme Biester, und auch dem Hotelier pumpert kein Herz, sondern ein Geldsack im Busen. So zerfällt denn Kästners Welt in zwei brauchbare Teile, die er, der Oberlehrer des Herzens, mit Witz zusammenleimt. Er benutzt dabei genau den Leim, auf den wir gehen: so unwahrscheinlich auch die Stücke, so unwahrscheinlich hübsch sind Kästners Dialoge. FF Hausmacherdialoge sind das mit viel Gutem drin; selbst die Banalitäten schmecken hier würzig. Schade, daß man darüber den Kitsch nicht ganz vergißt.
Ganz recht, um Kitsch handelt es sich nämlich, wenn man genau hinsieht, was gespielt wird. Sie alle, die bei Kästner das Herz auf dem rechten Fleck oder überhaupt keines haben, sind bewegte Bilder eines wunschkranken Herzens, allzu willige Marionetten eines frechen (weil scheuen) alten Knaben, der hinterm falschen Rauschebart seiner Kindheit nachtrauert. Wie schön und scharf er trauert, kann man in seinen Gedichten nachlesen; sie wirken noch immer als homöopathische Hausmittel. Anders, wenn Kästner Handlungen braucht: Da geht er hin und nimmt sich ungeniert die älteste Klamotte. Sicher poliert er sie auf, taucht sie in Ironie, doch bleibt’s dabei: charmanter Kitsch.
Walter Bittermann: Erich Kästner und das Positive
»Drei Männer im Schnee« auf Zelluloid gezogen
Rheinischer Merkur, 22.7.1955