Einer der beständigsten, weil dramaturgisch wie inszenatorisch ergiebigsten und interessantesten Schauplätze in Filmen mit fiktionaler Handlung ist die Welt des Hotels, die aufgrund ihrer räumlich wie gesellschaftlich hoch verdichteten Vielfalt wie geschaffen scheint für das Kino. Ein idealer Ort zum Träumen also, der damit immer wieder aufs Neue seine besondere Affinität zu diesem Medium zu erkennen gibt. Man denke nur an den großen Kinohit des Jahres 2014, die Filmkomödie Grand Budapest Hotel des Regisseurs Wes Anderson, in der diese Nähe geradezu zelebriert wird.
Während in den frühen Hotelfilmen im Zeitraum von 1919 bis 1945 das in der Regel luxuriös ausgestattete Hotel als gesellschaftlicher Mikrokosmos unterschiedlichster Begegnungen mit diversen Aufstiegsphantasien (des Personals wie der Gäste) in Szene gesetzt wird, entwickelt sich der soziale Schauplatz Hotel nach dem Zweiten Weltkrieg auch zum Ort historischer Vergewisserung und individueller Erinnerung, der psychisch-existenziellen Konfrontation, der sexuellen Leidenschaften, der Angst und des Horrors. Signifikant für diese Veränderung ist das inszenatorische Zurücktreten der Hotelhalle als Hauptschauplatz halböffentlicher Begegnungen zugunsten einzelner Hotelzimmer mit ihren intim-privaten Rückzugsmöglichkeiten.
Interessanterweise hat sich bis heute eine gewisse Zweiteilung der Hotelfilme entlang der Linien des fiktionalen und dokumentarischen Films gehalten. Während die Spielfilme immer wieder neu die nur nostalgisch-vorgestellte, oft längst untergegangene mondäne Welt von Grandhotels entfalten, zeigen die zahlreich existierenden dokumentarischen Filme über die großen Hotels dieser Welt meist die Kehrseite; ein Leben, wie es wirklich ist: nüchtern-alltäglich, geschäftsmäßig-unspektakulär, abstoßend-überfüllt, oder auch bloß abgehoben-teuer, luxuriös und abgeschottet für die Schönen und Reichen dieser Welt.
Immer aber ist das Hotel als universelles „Surrogat von Heimat […] schon ästhetisch hochinteressant“, wie die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse anlässlich eines nicht realisierten Filmprojekts mit dem Titel „Untitled – Film ohne Namen“ des 2014 verstorbenen Filmemachers Michael Glawogger meint, der auf die Idee gekommen war, „ein Porträt unseres Planeten anhand seiner Hotelzimmer“ zu schreiben und zu filmen: Es blieb leider „nur“ bei einem literarischen Bild der Welt, das aber aufgrund seiner kreisenden Bewegung, einer „Kernfusion aus Traum und Wirklichkeit“, den filmischen Bildern sehr nahe kommt. (Nachwort von E. M. in: Michael Glawogger, 69 Hotelzimmer, Berlin: AB – Die andere Bibliothek 2015).