Potato Fritz
Montana um 1850: Potato Fritz ist ein schrulliger Typ, der mitten im Indianergebiet Kartoffeln anbaut. Ab und zu brennen die Indianer zwar seine Hütte nieder, doch er baut sie unermüdlich wieder auf, nachdem er seinen Frust in Alkohol ertränkt hat. Einige Jahre zuvor wurde hier ein Geldtransport überfallen, einfache Gräber mit Holzkreuzen erinnern an die Soldaten, die dabei getötet wurden. Mit dem Geld sollte den Indianern Land für eine Siedlergruppe abgekauft werden. Nun sitzt der Treck in einem Kaff mitten in den Rocky Mountains fest, und es herrscht Unmut zwischen Indianern und Weißen. Da das Diebesgut nie aufgetaucht ist, zieht es viele Glücksritter auf der Suche danach in die Gegend. Und da gibt es noch das Gerücht, in den Gräbern lägen gar nicht die Personen, deren Namen auf den Kreuzen stehen. Auch Potato Fritz wird noch alle überraschen!
Montana in the 1850s. Potato Fritz is a cranky man who is trying to grow potatoes in the middle of Indian Territory in the Rocky Mountains. Now and then the Indians burn down his cabin, but he relentlessly rebuilds it time and time again, after draining his frustration in alcohol. Nearby, simple graves are marked with wooden crosses in memory of soldiers who gave their life while trying to defend a transport of money and weapons that was robbed. The money had been sent to pay for land for a group of settlers, who are, because of the robbery, still stuck in a hicktown in the Rocky Mountains. Overall, the whole event increased both suspicion and conflicts between Indians and settlers. The loot has still not been found and the search for it attracts many adventurers. And then there is the rumor that not all of the bodies in the graves are actually the people whose names are written on the crosses. In such a time of uncertainty, even Potato Fritz will surprise them!
Die Chancen zum künstlerischen Erfolg dürften nicht schlecht sein. Die Geschichte um den geheimnisvollen ehemaligen preußischen Offizier, der mitten in einem unruhigen Indianerreservat in Seelenruhe Kartoffeln anbaut und sich weder von Pfeilen, Schüssen und Brandschatzungen davon abhalten läßt, ist ein schön fotografierter, mit skurrilen Streiflichtern bespickter Film, der einen vergnügt, belehrt und auch ein bißchen angerührt aus dem Kino entläßt.
Der Film lebt vorwiegend von Hardy Krüger in der Titelrolle, der sich hier überraschend auch als hochklassiges Komiktalent präsentiert. Peter Schamoni spielt auch mit: in einer akzentuierten Nebenrolle als protestantischer Pilgrim Father. Hoffentlich hat sich aber der Regisseur und Produzent Schamoni weder finanziell noch in der Einschätzung der Breitenwirksamkeit übernommen, denn erstens gibt es in Potato Fritz viele komplizierte Schritte und wenige Hilfestellungen zum Handelsablauf und zweitens ist das westernerfahrene Publikum eben eher an den genormten Ballermannhumor à la Bud Spencer/Terence Hill gewohnt, denn an subtile Sottisen solcher Art.
Rüdiger Schablinski: Zum Beispiel Potato Fritz
Augsburger Allgemeine, 20.5.1976
Angelo Burri hat mit The Wolfer keinen Action-Film nach üblichem Kino- und TV-Muster gedreht, im Gegenteil: Bewusst versuchte er auch im Rhythmus der Bilder und der Dramaturgie, in der Entwicklung der Handlung, das Leben von damals nachzustellen. So soll etwa mit der langen Verfolgungsjagd die Weite der Natur, die mühsame Art sich fortzubewegen, das spezifische Verhältnis zur Zeit und allgemein ein spezieller Lebensgehalt deutlich gemacht werden. Die Figur des Wolfsjägers entspringt denn auch keiner »positiven Held«-Schablone in ihr verkörpert sich ein alltäglicher Cowboy, durch dessen (Miss-)Geschicke sich alltägliches Leben der Menschen von damals widerspiegelt. Burri zeigt in diesem Film Menschen und Verhaltensweisen, die er zum Beispiel ähnlich bei den Nepali in Nordindien auch vorfindet: Der Film ist ein sehr persönliches Produkt von Burris Auseinandersetzung mit fremden Kulturen, von seiner Sehnsucht auch nach dem einfachen Leben.
Dadurch enthält er eine Botschaft: Er wendet sich gegen die verlogenen Klischees eines TV-Winnetous etwa, gegen die vielfältigen Formen der exotischen Stilisierung der Völker der dritten Welt, das heisst auch gegen die Usurpierung der Indianer zur Vertuschung eigener (politischer) Probleme. Burri hat sich mit der gesamten Selbstinszenierung, der Musik und dem Film Möglichkeiten geschaffen, sein Leben gegen die Verhältnisse hier zu gestalten, eigene Bilder gegen die vorherrschenden zu stellen. Diesen Anspruch gilt es ernst zu nehmen, wenn auch die Form, in der er umgesetzt wird, zum Teil befremden oder irritieren mag.
Jörg Huber: Persönliche Bilder gegen unpersönliche Verhältnisse
Tages-Anzeiger, 17.5.1980
Der Wildwest-Film, »Amerikas größte Annäherung an den wirklichen Film« (Paul Rotha), »eine uramerikanische Kunstform mit archaischem Charakter« (Fritz Kempe), »der amerikanische Film par excellence« (Andre Bazin) er erfährt hierzulande nicht nur im Italo-Western eine starke Entmythisierung, die bis zur Verballhornung führt, sondern er regt andererseits seit kurzem auch immer wieder europäische Filmemacher zur ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Sujet auf Grund eigener historischer Einflüsse an.
Nach Volker Vogeler und seinem Verflucht dies Amerika ist jetzt Peter Schamoni mit Potato-Fritz am Zuge. Zwar hat er seit seinem Regie-Debüt Schonzeit für Füchse fast zehn Jahre lang keinen Spielfilm mehr inszeniert, sondern nur noch produziert. »Aber bei diesem Stoff wäre ich eifersüchtig gewesen, wenn ihn ein anderer gemacht hätte«, sagt er. Und darum führt er selbst Regie.
Fragt man ihn, ob es denn für ihn keinen im buchstäblichen Sinn näher liegenden Stoff gegeben hätte als eben einen Western, hat er mehrere Argumente zur Hand.
»Erstens«, behauptet er, »hat sich bei den deutschen Filmemachern eine gewisse Müdigkeit eingestellt, sich mit Problemen im eigenen Land auseinanderzusetzen.« Er gerät ins Schwärmen: »Wir wollen raus in die Weite, in die Landschaft, unter den weiten Himmel, wo es Action gibt.« Zweitens meint er, daß die Geschichte europäischer Siedler in Montana zur Zeit des großen Oregon-Trail Mitte des 19. Jahrhunderts «aus unserem europäischen Denken« besser gemacht werden könne als durch Amerikaner. Und schließlich gibt es da auch noch eine familiäre Beziehung, die freilich nur am Rand Bedeutung hat. Im Jahre 1860 ist der Faszination der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung folgend ein Urgroßonkel Adolf Schamoni zusammen mit seinem Bruder Josef Schamoni nach Montana ausgewandert. [...]
Hans Jürgen Weber: Immer noch lockt die Prärie.
Tagesspiegel, 19.10.1975