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24. Internationaler Filmhistorischer Kongress

Europas Prärien und Cañons
Western zwischen Sibirien und Atlantik


17.11. - 19.11.2011, 9.30 - 16.00 Uhr
im Gästehaus der Universität (Rothenbaumchaussee 34)
- für die Teilnahme am Kongress ist eine vorherige Anmeldung erforderlich -

Übersicht der Panels
16.11. (Eröffnung)  17.11.  18.11.  19.11.  20.11.
Das Kongress-Programm als pdf-Download



The Wolfer (CH 1975-79, Angy Burri)
Quelle: Cinematheque Suisse


Film-Europa schaut über den großen Teich: Cinefest 2011, das von CineGraph (Hamburg) und Bundes­archiv-Filmarchiv (Berlin) veranstaltete VIII. Internationale Festival des deutschen Film-Erbes und der 24. Internationale Filmhistorische Kongress widmen sich dem Phänomen des »Euro-Western«.

Als der Kientopp ans Licht der Öffentlichkeit trat, ging in Amerika die Zeit des »Wilden Westens« gerade zu Ende. Auf der Leinwand lebte der Mythos jedoch weiter. Der »Western« avancierte in den USA rasch zum populärsten Film-Genre und fand in aller Welt begeisterte Zuschauer. Von den Geschichten um Cowboys und Indianer, Trecks und Trapper ließen sich auch europäische Regisseure bald zu Nachahmungen und Neuinterpretationen inspirieren. Vom Ural bis zum Atlantik, von Finnland bis Sizilien kämpften und schossen sich die vertrauten Protagonisten nun auch durch die Alte Welt.

Cinefest und Kongress verfolgen die Auseinandersetzung europäischer Filmschaffender mit dem amerikanischsten aller Genres von den ersten Wildwest-Szenen der Stummfilmzeit bis zu den postmodernen Western-Variationen der Gegenwart. Im Mittelpunkt stehen die unterschiedlichen Formen und Strategien der Aneignung sowie die politischen, künstlerischen und ideologischen Faktoren, die diese beeinflussten. Dabei ist vor allem zu untersuchen, wie weit sich bei der Adaptation von Themen, Motiven und Erzählstrategien des Western jeweils ein spezifisch europäischer Zugriff auf das Genre erkennen lässt. Waren europäische Regisseure überhaupt fähig, den Geschichten um die amerikanischen Gründungsmythen und Archetypen neue Aspekte abzugewinnen oder blieb es bei rein formalem Epigonentum? Schließlich ist auch zu klären, ob die disparaten Eurowestern-Produktionen überhaupt eine gemeinsame Schnittmenge inhaltlicher und filmästhetischer Charakteristika aufweisen, die sie von den Filmen des Genre-»Mutterlandes« unterscheiden. Gibt es jedoch überhaupt einen Grundkonsens zur Frage: »Was macht einen Film zu einem Western?« Zur Orientierung im weitläufigen Themenfeld bietet das einführende Panel einen Überblick über die Genrediskussion und erste Arbeitshypothesen zum Phänomen des Euro-Western.

Ein zentrales Thema des Kongresses ist der Italowestern, der als radikaler Gegenentwurf zu den US-Vorbildern das Genre ab Anfang der 1960er Jahre dekonstruierte und neu definierte. Durch seine innovativen Scores, die plakative Bildsprache und die zutiefst desillusionierte Weltsicht seiner Antihelden wirkte er schließlich auch für amerikanische Produktionen stilprägend. Drei Beiträge beschäftigen sich mit der Darstellung der mexikanischen Revolution und dem Einfluss von Gothic- und Horrorelementen im Italowestern sowie seinem Bezug zu den sozioökonomischen und politischen Verhältnissen in Süditalien.

Den unterschiedlichen Versuchen der deutschen Kinematografie, sich den Western anzueignen und ihn zu interpretieren, widmen sich zwei Panels, die den Zeitraum vom Ersten Weltkrieg bis in die 1980er Jahre umfassen. Als früheste Beispiele werden von Hermann Basler und Phil Jutzi 1919/20 in Heidelberg gedrehte »Neckar-Western« (Feuerteufel) in ihren Entstehungszusammenhängen vorgestellt. Dem zeitweiligen Liebäugeln des NS-Films mit den Mustern des amerikanischen Genrekinos sind Filme wie Der Kaiser von Kalifornien und Gold in New Frisco zu verdanken, die hier auf ihre ideologischen Subtexte hin untersucht werden.

In den 1960er Jahren erlebte der »Teutonen-Western« seine systemübergreifende Blütezeit. Zwei Beiträge zu den Karl May-Verfilmungen mit Pierre Brice und Lex Barker und den DEFA-Indianerfilmen um Gojko Mitić skizzieren Hintergründe und Charakteristika der populären Filmreihen, die den Zeitgeist des geteilten Deutschland zwischen Völkerverständigung und Antiimperialismus spiegeln. Dass auch Regisseure des Neuen Deutschen Films Versatzstücke des Genres nutzten, um etwa die historischen Rebellenfiguren ihrer »linken Heimatfilme« als Outlaws in Westernmanier zu inszenieren (Jaider – der einsame Jäger), zeigt ein weiterer Vortrag.

Ideologische Geschichtsdeutung und die Popularisierung nationaler Mythen waren seit jeher die Domäne des amerikanischen Western. Wie sich ausgerechnet das Kino des weltpolitischen Gegenspielers das Genre aneignete und für seine Zwecke nutzte, erläutern Beiträge zum Einfluss von The Magnificient Seven auf Publikum, Politik und Filmschaffende in der Sowjetunion und zur patriotischen Propaganda in den sowjetischen »Eastern«. Westeuropäische Ideologiekritik mit den Mitteln des Western wird u.a. an satirisch-surrealistischen (Touche pas la femme blanche) und experimentell-avantgardistischen (Le vent d'est) Varianten beleuchtet.

Wie in den USA hat auch in Europa der spielerisch-kreative Umgang mit den Mustern und Konventionen des Western eine lange Tradition. Zwei Fallbeispiele, die die national unterschiedliche Rezeption und Reflexion des Genres veranschaulichen, beschäftigen sich mit der Entstehungsgeschichte der tschechischen Western-Parodie Limonádový Joe aneb Koňská opera und dem Einsatz von Western-Elementen im neuen österreichischen Kino.

Die Vorträge des Kongresses werden in überarbeiteter Form anschließend in einem Buch veröffentlicht.

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Programm

16.11. (Eröffnung)  17.11.  18.11.  19.11.  20.11.
Das Kongress-Programm als pdf-Download



Mittwoch, 16. November 2011

Metropolis-Kino (Kleine Theaterstr. 10)


17:00
Limonádový Joe aneb Koňská opera (CS 1964, Oldřich Lipský), 98 min, OmU
Einführung: Ivan Klimeš, Prag

19:30
Kongress-Eröffnung mit Gästen und Verleihung der Willy-Haas-Preise
Durch den Abend führtJohannes Roschlau
Eröffnungsfilme: 
Coeur Ardent /Le Railway de la mort
(F 1912, Jean Durand), ca.35 min
Erblich belastet? (D 1913, Harry Piel), ca. 40 min
Musikbegleitung: Marie-Luise Bolte

Im Anschluss laden wir zu einem Umtrunk im Foyer des Kinos.

 

Kongress im Gästehaus der Universität 
(Rothenbaumchausee 34)


Donnerstag, 17. November 2011

09:30
Begrüßung

09:45 – 11:30
Panel 1: (EURO)-WESTERN: GRUNDFRAGEN EINES GENRES
Tim Bergfelder, Jan Distelmeyer, Robert Fischer, Harald Steinwender: Western ist, wenn ... Gespräch über Definitionen
Thomas Klein, Mainz: Gibt es einen europäischen Western? Versuch einer Annäherung

11:30 – 11:45
Buchvorstellung: Crossing Frontiers - Intercultural Perspectives on the Western
(Hg.: Thomas Klein)

13:00 – 16:00
Panel 2: POLITIK UND GESELLSCHAFT IM EURO-WESTERN DER 1960/70ER JAHRE
Christopher Frayling, Bath: »Zapata-Spaghetti«. The Italian Western and the Mexican Revolution
Fabian Tietke, Berlin: Der Westen im Süden. Italienische Geschichte im Italowestern
Andrea Mariani, Udine: Political Western in Europe. Scenes from the class struggle in Euro-Western (1966 – 1975)

zum Filmprogramm vom 17.11.

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Freitag, 18. November 2011

09:30 – 11:15
Panel 3: NECKAR- UND NAZI-WESTERN: FRÜHE DEUTSCHE ANEIGNUNGEN
Jo-Hannes Bauer, Heidelberg: Der »Wilde Westen« von nebenan. Melodram und Pathos in den »Neckar-Western« von 1919/20
Evelyn Hampicke, Berlin: Von Raum und Ehre. Nazi-Western als politische Allegorie

11:15 – 11:30
Buch-/Projektvorstellung

13:00 – 16:00
Panel 4: WINNETOU, TECUMSEH UND JAIDER: GESAMTDEUTSCHE HELDEN
Tim Bergfelder, Southampton: Winnetou darf nicht sterben. Die bundesdeutschen Karl May-Verfilmungen
Thomas Kramer, Berlin: Edle Wilde als rote Brüder? DEFA-Indianerfilm zwischen Authentizitätsanspruch, Wildwestromantik und Amerikakritik
Robert Fischer, München: Der Wilderer als Alpen-Django. Western und Western-Motive im Neuen Deutschen Film

zum Filmprogramm vom 18.11.

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Samstag, 19. November 2011

09:30 – 12:30
Panel 5: DIE ROTEN UND DIE WEISSEN: WESTERN IM OSTEN
Sergey Lavrentiev, Moskau: The Magnificent Storm. How »The Magnificent Seven« influenced Soviet society.
Günter Agde, Berlin: Patriotismus und Kugelhagel. Beobachtungen an Western á la UdSSR
Ivan Klimeš, Prag: Limonádový Joe. Bericht aus dem Land ohne »Wilden Westen«

13:45 – 15:30
Panel 6: WAHL DER WAFFEN: STILMITTEL UND STEREOTYPEN
Harald Steinwender, München: Western all'inferno. Grand Guignol, Gothic und Horrorelemente im Italo-Western
Thomas Ballhausen, Wien: Postmodern Sixshooters. Der »Western« im neuen österreichischen Film

15:30 – 16:00 Abschlussdiskussion

zum Filmprogramm vom 19.11.

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Sonntag, 20. November 2011

Se7en Oceans
(Europapassage 2. OG,
Ballindamm 40, 20095 Hamburg)

10:00 – 12:00
Abschluss-Brunch im Se7en Oceans

zum Filmprogramm vom 20.11.


Konzeption: Johannes Roschlau
Beratung: Hans-Michael Bock, Karl Griep, Simone Venturini

Organisation: Erika Wottrich
Coordination Bundesarchiv-Filmarchiv: Roland Foitzik


Weitere Informationen bei:
CineGraph e.V., Schillerstr. 43, 22767 Hamburg
Tel.: +49-(0)40-352194, Fax: +49-(0)40-345864
email: kongress(at)cinegraph.de
Kontakt: Johannes Roschlau, Erika Wottrich

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Rückblick auf den 23. Internationalen Filmhistorischen Kongress
Rückblick auf den 22. Internationalen Filmhistorischen Kongress
Rückblick auf den 21. Internationalen Filmhistorischen Kongress
Rückblick auf den 20. Internationalen Filmhistorischen Kongress
Rückblick auf den 19. Internationalen Filmhistorischen Kongress
Rückblick auf den 18. Internationalen Filmhistorischen Kongress

Rückblick auf die Kongresse 1989-2004

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